Von wegen Zusatz. Ein-Euro-Jobber übernehmen häufig "echte" Arbeitsplätze

Viele haben es befürchtet - nun ist es amtlich: Ein-Euro-Jobs verdrängen echte Arbeitsplätze. Das haben zwei Wissenschaftlerinnen vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) herausgefunden. Zwar können sie nicht sagen, wie viele sozialversicherungspflichtige Stellen auf diese Weise vernichtet werden. Doch ihrer Einschätzung nach findet eine Ersetzung in "einem nicht zu vernachlässigenden Teil der Betriebe statt".

Die beiden Forscherinnen hatten eine anonyme Befragung unter anderem in Altenheimen, Kindergärten, staatlichen Verwaltungsstellen, Bibliotheken und Straßenreinigungsbetrieben durchgeführt. Jeder siebte der 421500 angeschriebenen Betriebe beschäftigt vom Staat finanzierte Langzeitarbeitslose. Immerhin vier Prozent der Arbeitgeber räumten ein, parallel zur Einstellung von Ein-Euro-Kräften reguläres Personal eingespart zu haben.

Vertretung für Kranke

Mehr als jeder fünfte Betrieb setzt seine Ein-Euro-Jobber als Vertretungen im Urlaubs- und Krankheitsfall ein - obwohl das explizit verboten ist. Schließlich sollen die Hilfskräfte ja offiziell nur "zusätzliche" Tätigkeiten übernehmen und nicht die Arbeit von Festangestellten erledigen. Etwa sechs Prozent der Unternehmen konnte dank der Ein-Euro-Jobber sogar ihre Betriebs- oder Öffnungszeiten verlängern - ebenfalls ein deutliches Indiz, dass die staatlich finanzierten Aushilfen wie normale Angestellte arbeiten. Solche Regelungen müssen zwar nicht zu Lasten der Stammbelegschaft gehen. Doch Konkurrenten haben dadurch einen Wettbewerbsnachteil, der im schlimmsten Fall sogar zu Entlassungen führen könnte.

Wie viele Ein-Euro-Jobs es tatsächlich gibt, ist nicht klar. Ende 2005 wies die Statistik der Bundesagentur für Arbeit 291000 Zusatzjobs aus und gegenwärtig 278000. Eine zweite von den IAB-Autorinnen zitierte Hochrechnung legt dagegen wesentlich höhere Zahlen zugrunde. Klar ist indessen, dass mehr als die Hälfte der Arbeitsgelegenheiten in Ostdeutschland angeboten werden.

Dort hat die große Mehrheit der Ein-Euro-Jobber eine Berufsausbildung, während in Westdeutschland mehr als zwei Drittel Ungelernte sind. Dennoch "verdienen" die Wessis mit durchschnittlich 1,25 Euro pro Stunde drei Cent mehr als die Kollegen in den neuen Bundesländern.Annette Jensen