Umbau der Stadtwerke in Wuppertal. Ohne Kündigungen und Lohnsenkung

Die Wuppertaler Stadtwerke wurden umstrukturiert. Das klingt nach Entlassungen. Es ist aber ganz anders; die Beschäftigten haben jetzt sogar mehr Rechte als zuvor. Und bis 2020 behalten alle ihren Arbeitsplatz.

"Der Schlüssel zu diesem Erfolg heißt für mich Transparenz. Ohne Offenheit von Beginn an hätten wir es nie geschafft, so ein Ergebnis zu erreichen", sagt die Abteilungsleiterin Sabine Schnake. Und ver.di-Geschäftsführer Dietmar Bell ergänzt: "Die Tarifverträge, die wir unterschrieben haben, machen uns auch ein wenig stolz."

Gut aufgestellt: Dietmar Bell (li.) und Andreas Scheidt, Betriebsräte der Stadtwerke

Am Anfang standen Ängste

Der Umbau des Unternehmens war notwendig geworden, weil die europäische Rechtssprechung die Vergabe von Aufträgen der Städte und Gemeinden an öffentliche Unternehmen geändert hat. Es musste eine neue rechtliche Struktur her, die den europäischen Maßgaben entspricht. Unter dem Dach einer Holding trennten die Stadtwerke die großen Bereiche Versorgung und Verkehr. Für die Hälfte der 2500 Frauen und Männer, die dort arbeiten, bedeutete das, den Arbeitgeber zu wechseln. Personalchef Carsten Treptow ist sich bewusst, dass "eine solche Veränderung natürlich auch mit Ängsten verbunden ist. Mit Ängsten um den Arbeitsplatz und die Zukunft." Am Anfang aller Veränderungen stand ein Beschluss des Stadtrats, der die Richtung vorgab. Klar war: Die Umstrukturierung sollte das Unternehmen und die Arbeitsplätze erhalten und die Rechte der Beschäftigten sichern.

Betriebsrat Andreas Scheidt erzählt, wie es lief: "Wir haben sofort alle einbezogen. Auf mehr als 40 Belegschaftsversammlungen wurde immer wieder über jeden einzelnen Schritt informiert. So haben wir es geschafft, die Menschen sogar ein bisschen für die Veränderungen zu begeistern." Ercan Girgin, Industriemechaniker und Betriebsratsmitglied, meint: "Als bei meinen Kollegen klar war, dass es nicht darum geht, Arbeitsplätze abzubauen oder Lohn zu kürzen, zogen sie mit."

Am Ende des Prozesses standen drei Tarifverträge, die den internen Arbeitsmarkt regeln, die sozialen Rechte der Beschäftigten sichern und die betriebliche Mitbestimmung garantieren. "Mit dem internen Arbeitsmarkt haben wir ein Regelwerk geschaffen, das dem Beschäftigten erlaubt, zwischen den einzelnen Unternehmen zu wechseln", erklärt Arbeitsdirektor Markus Schlomski. "Bewirbt sich ein Kollege der Holding jetzt beim Verkehrsunternehmen, ist das praktisch eine interne Bewerbung. Wechselt er, nimmt er alle erworbenen Sozialleistungen mit."

Keine Kündigung bis 2020

Stolz ist ver.di-Geschäftsführer Dietmar Bell vor allem auf zwei Säulen des Tarifvertrags: "Es ist uns gelungen, betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahr 2020 auszuschließen. Und in allen drei neuen Gesellschaften ist die paritätische Mitbestimmung bis 2022 gesichert." Außerdem bieten die drei Betriebe eine unternehmensübergreifende Weiterbildung an und bilden gemeinsam Lehrlinge aus.

In den nächsten Wochen und Monaten erhalten die Beschäftigten ihre neuen Arbeitsverträge. Auch dabei setzen Geschäftsführung und Betriebsrat auf Transparenz. In allen Abteilungen werden Informationsveranstaltungen organisiert. Auf Fragen gibt es dort sofort Antwort.

Eine Erfolgsgeschichte in Wuppertal - so etwas ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, meinen alle Beteiligten. Ganz vorn stehen gute Kontakte zu den politisch Verantwortlichen in der Stadt und - genauso wichtig - der Organisationsgrad der Beschäftigten. Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten sind ver.di-Mitglieder. Betriebsrat Andreas Scheidt sagt offen: "Wir haben nie Zweifel daran gelassen, dass wir - wenn nötig - durchaus in der Lage sind, Protest im Betrieb zu organisieren."

"Wir haben nie Zweifel daran gelassen, dass wir durchaus in der Lage sind, wenn nötig Protest im Betrieb zu organisieren."

Betriebsrat: Andreas Scheidt