Ausgabe 11/2007
Öffentlich geförderte Hoffnung
Von Burkhard Baltzer |Der Berliner Senat will 10000 Stellen für Langzeitarbeitslose im öffentlichen Dienst schaffen
Berlin | Der Berliner Senat hat Mitte Oktober ein zunächst auf zwei Jahre angelegtes Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose beschlossen. 10 000 Menschen, vor allem älteren, soll für 24 Monate Arbeit geboten werden - sozialversicherte Beschäftigung mit 1300 Euro Brutto-Einkommen. "Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor" (ÖBS) nennt sich das Projekt.
Beschäftigung soll es etwa in der Nachbarschaftshilfe, im Betreuungssektor oder auch in der Integrationsarbeit für Migrantinnen und Migranten geben. "Mindestens 1300 Euro" erhalten die Stelleninhaber, betont Roswita Steinbrenner, Sprecherin der Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Die Linke). Finanziert werden soll das Projekt laut Steinbrenner mit rund 150 Millionen Euro aus dem Programm "Perspektiven für Langzeitarbeitslose" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Das habe der Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) Mitte Oktober entschieden. Rund 50 Millionen Euro steuere das Land Berlin selbst bei.
Opposition befürchtet Streichungen an anderen Stellen
Mehr Konkretes ist derzeit nicht über das Projekt zu erfahren. Auf den Senatsseiten im Internet heißt es noch immer: "Formulare werden in Kürze zur Verfügung stehen." Die Opposition, vor allem die Grünen, befürchten, dass andere Beschäftigungsmaßnahmen und -förderungen entfallen werden, weil das Senatsgeld in den ÖBS umgeleitet werde. Dem widerspricht Roswita Steinbrenner: Die Ein-Euro-Jobs werde es weiterhin geben. "Und es ist ja wohl nicht ehrenrührig, wenn schwer vermittelbare Menschen, statt in elfmonatigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu maximal 1100 Euro - wovon es immer weniger Jobs gibt - nunmehr 24 Monate zu besseren Konditionen arbeiten können", sagt sie und führt weitere Argumente für den ÖBS an: Die Einarbeitungszeiten in Projekte würden effektiver genutzt, zudem sei eine Verlängerung über die 24 Monate hinaus denkbar. Langzeitarbeitslosen werde so der Schritt in die reguläre Altersversorgung erleichtert.
ver.di bemängelt fehlende Arbeitlosenversicherung
Ulla Pingel, Vorsitzende des Erwerbslosenausschusses ver.di Berlin, kritisiert die Informationspolitik des Senats. Und: Wieder werde keine Arbeitslosenversicherung gezahlt. Sie vermutet überdies, dass nach 24 Monaten ÖBS doch wieder Schluss sein werde und dass eine Überschreitung der 1300 Euro Brutto-Einkommen nicht möglich sein werde. Denn in Berlin werden soziale Dienstleistungen - und um die geht es beim ÖBS - nicht derart hoch vergütet, dass Beschäftigte über die 1300 Euro hinauskommen könnten.
Durchschnittlich 8,40 Euro pro Stunde seien vorgesehen, bestätigt Roswita Steinbrenner, wenngleich "nicht gedeckelt" werden würde. Die Sorge, es könnte ein weiterer Arbeitsmarkt eröffnet werden, teilt sie nicht. "Das sind Chancen für Menschen, wieder längerfristig in ihrer direkten Umgebung sinnvoll und dazu noch bezahlt tätig zu sein", sagt sie. Auch Susanne Stumpenhusen, ver.di-Landesbezirksleiterin in Berlin-Brandenburg, bezeichnet das Modell ÖBS als "Fortschritt". Allerdings müssten die Personalräte in den Stadtbezirken ganz genau kontrollieren, was da für Stellen geschaffen und besetzt würden: Damit die Stelleneinsparungen im öffentlichen Dienst nicht durch schlechter bezahlte Beschäftigung aus dem ÖBS ausgeglichen werden.