Die Türen: Popo | Sollte ver.di auf der Suche nach einer neuen Hymne sein: Eine Anfrage bei "Die Türen" könnte da weiterhelfen. Denn die kreisen auf ihrem dritten Album nahezu ausschließlich um Themen aus der Arbeitswelt. Auf butterweich produzierten Pop-Tracks, die genüsslich Funk, Disco und Rock der 70er Jahre zitieren, singen die Berliner von Jobs, die nicht zum Leben ausreichen, von sinnstiftender Arbeit und Arbeitslosigkeit im kreativen Milieu: "Wenn der Sport der Bruder der Arbeit ist, dann ist die Kunst die Cousine der Arbeitslosigkeit." Das ist stark autobiografisch, schließlich lebt die Band wie die meisten Künstler in diesem Land das selbstbestimmte Leben eines Bohèmiens auf prekärer wirtschaftlicher Grundlage. Aber: Was ist noch Arbeit, wenn die Grenzen zur Freizeit verwischen? Darf Arbeit Spaß machen, wenn man dabei nichts verdient? Das Unglaubliche ist hier gelungen: Ein Kon-zeptalbum zum Thema Arbeit, das inhaltlich vollkommen unpeinlich ist, jedes gewerkschaftliche Pathos vermeidet und auch noch tanzbar ist.

TO

CD, STAATSAKT/ INDIGO

Till Brönner: The Christmas Album | Till Brönner hat sich seine Weihnachtswünsche längst erfüllt. Jedenfalls die musikalischen. Als der smarte Jazztrompeter mitten im Sommer dieses Jahres ein kräftiges "Ho Ho" in die Runde rief, bevor er sein Christmas Album aufnahm, waren alle mit dabei - vom Deutschen Symphonie Orchester Berlin über die New York Voices bis zu Curtis Stigers und Yvonne Catterfeld. Draußen 25 Grad im Schatten, drinnen kühle Studioluft - davon ist hier nichts zu spüren. Im Gegenteil: Es knistert im imaginären Kamin. Das Repertoire ist klassisch: von White Christmas über Silent Night bis zu Last Christmas - die Stimmung überträgt sich wie von selbst. Überbordend, aber nie kitschig orchestriert und einfühlsam im Ensemble eingespielt. Ohne einen einzigen peinlichen Moment kann man diese Scheibe auch im eigenen CD-Player laufen lassen - nicht nur zur Weihnachtszeit.

Vick

CD, VERVE / UNIVERSAL

Stacey Kent: Breakfast On The Morning Tram | Als Sprachstudentin ist die Amerikanerin ursprünglich nach Europa gekommen. Statt der akademischen Laufbahn schlägt Stacey Kent jedoch die künstlerische ein, nachdem sie in England den Saxophonisten und Lebenspartner Jim Tomlinson kennenlernt. Seit mehr als zehn Jahren macht das Paar gemeinsam Musik. BBC Awards als "beste Sängerin" (2002) und fürs "Album des Jahres" (2006) bescheren Kent einige Prominenz. Und auch den Kontakt zum britischen Schriftsteller Kazuo Ishiguro, der ihr sympathisch andere Songtexte schreibt. Es sind Geschichten voller Humor und unerwarteter Pointen. Wie die über ein opulentes Büffet im hinteren Wagen der morgendlichen Straßenbahn. Stacey Kent singt schwerelos dahingleitende Jazzsongs und Bossa Nova - voller Poesie und von literarischer Qualität.

RIX

CD, BLUE NOTE/EMI