Künftig dürfen bei Behörden arbeitende Einkäufer soziale Produktionskriterien verlangen

Wer im Namen des Staates einkauft, darf in die Ausschreibung auch soziale und ökologische Kriterien aufnehmen. So steht es nun explizit im Gesetzentwurf für die neue Vergabeverordnung. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte sich lange gegen diese Formulierung gewehrt, die ver.di und über 30 andere Nichtregierungsorganisationen gefordert hatten. Das Cora-Netzwerk setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und Umweltschutz weltweit ein und will dafür die Einkaufsmacht des Staates nutzen.

Jedes Jahr gibt Deutschland mehrere hundert Milliarden Euro für Uniformen, Straßenbeläge, Computer, Blumen und Dienstwagen aus. Wenn dabei nicht nur der Preis, sondern auch die Herstellungsbedingungen eine Rolle spielen, kann das ein wirksamer Hebel sein - so die Grundüberlegung.

Ausschluss von Zwangsarbeit möglich

Dies überzeugte auch die Bundesminister für Umwelt, Arbeit und Entwicklung. Sie machten Druck auf das federführende Wirtschaftsministerium, die entsprechende Formulierung einzuarbeiten. Zwar ist auch künftig kein Einkäufer im Dienste des Staates gezwungen darauf zu achten, dass in den neuen Gehwegplatten oder Teddys keine Zwangsarbeit steckt - doch er kann es tun.

Nun kommt das Gesetz in den Bundestag. Die SPD-Abgeordnete Edelgard Bulmahn kündigte auf einer Cora-Veranstaltung an, dass ihre Fraktion sich für weitere Verbesserungen des Entwurfs einsetzen will. Auch Tariftreue und eine Ausbildungsquote müssten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge beachtet werden dürfen. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Anfang April herrscht allerdings allgemeine Unsicherheit, wie die Forderung nach Tariftreue abzusichern ist.

Derweil diskutieren die Cora-Mitglieder über eine praktikable Umsetzung des Gesetzes. Im Gespräch ist die Entwicklung eines Sozialsiegels, das die Einhaltung von Grundarbeitsrechten garantiert. Auch der Blick in die Niederlande lohnt. Dort hat der Staat eine Datenbank entwickelt, die nicht nur bei der Formulierung von Aufträgen hilft, sondern auch bei der Abwägung, welcher Anbieter die geforderten Kriterien am besten erfüllt. Die niederländische Regierung lässt sich die Schulung ihrer öffentlichen Einkäufer zehn Millionen Euro kosten.

Annette Jensen

www.cora-netz.de