Drei Verkäuferinnen des Textildiscounters KiK gewannen ihren Prozess gegen das Unternehmen

Gewonnen! Martina Kraft (re.) und Veronika Görtz

VON UWE REEPEN

"Was Sie da machen, geht so nicht!" Mit deutlichen Worten wies die Richterin am Dortmunder Arbeitsgericht den Anwalt des Textildiscounters KiK zurecht. Sie verurteilte das Unternehmen dazu, den Stundenlohn für Teilzeitbeschäftigte um rund drei Euro anzuheben. Das Gericht gab damit drei KiK-Beschäftigten Recht, die mit Hilfe von ver.di gegen die Hungerlöhne geklagt hatten. 5,20 Euro zahlt der Discounter seinen Teilzeitbeschäftigten. Angemessen seien 8,21 Euro, urteilte das Gericht. Alles andere sei sittenwidrig.

10000 Euro

"Ein Riesenerfolg", urteilt Henrike Greven, Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Mülheim-Oberhausen. "Das Gericht ist in allen wesentlichen Punkten unserer Argumentation gefolgt." Für die betroffenen Frauen bedeutet das Urteil Lohnnachzahlungen von bis zu 10000 Euro für die letzten Jahre.

Hinter Martina Kraft, Ursula Grunwald und Veronika Görtz liegt ein langer Weg. Nachdem die Frauen im vergangenen Jahr gegen die Hungerlöhne geklagt hatten, begann ein Spießrutenlaufen im Unternehmen. Martina Kraft berichtet: "Als erstes wurde unsere Stundenzahl drastisch reduziert." Arbeiteten die Frauen bisher rund 70 Stunden im Monat, wurde die Zahl jetzt auf zehn Stunden herabgesetzt. Damit verringerte sich ihr Monatseinkommen von rund 400 auf 50 Euro. Veronika Görtz kommentiert: "Zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig."

Doch nicht nur das Geld machte den drei Frauen zu schaffen. Hinzu kam, dass ihre Kolleginnen aus Angst um den eigenen Arbeitsplatz nicht mehr mit ihnen redeten. Nur hinter vorgehaltener Hand sprach manch eine ihnen Mut zu. Dass die drei dem Druck über Monate standhalten konnten, erklären sie so: "Wir waren nie allein. Die Rückendeckung, vor allem von ver.di, hat uns gestärkt."

Die Zustimmung der Anderen

Die Frauen sind heute noch begeistert, wenn sie von einer Streikversammlung mit fast tausend Schlecker-Beschäftigten sprechen, auf der sie gefeiert wurden. Oder von der Maikundgebung des DGB, auf der Tausende ihnen Mut machten. Es waren aber auch die kleinen Dinge, die ihnen halfen. Das freundliche Schulterklopfen von anderen Verkäuferinnen beim Wochenendeinkauf oder die aufmunternden Worten von ver.di-Senioren, die sie mit Infoständen und Aktionen unterstützten. Martina Kraft sagt: "All das hat mich immer wieder aufgebaut." Fast noch wichtiger, ergänzt Veronika Görtz, war die Unterstützung durch Familie und Freunde: "Ohne sie stehst du eine solche Auseinandersetzung nicht durch. Sie haben uns den Rücken frei gehalten."

"Die Klage gegen KiK ist das Mutigste, was ich in meinem Leben gemacht habe", meint Martina Kraft und fügt hinzu: "Es reichte einfach. Ich konnte die Bedingungen im Laden nicht länger hinnehmen, man fühlte sich wie eine Sklavin." Ob sie den Weg zum Gericht noch einmal gehen würde? Martina Kraft denkt nach. Dann entscheidet sie sich: "Ja. Ich könnte sonst morgens nicht mehr in den Spiegel sehen."