Wer die Falschen wählt...

Aldi Nord lässt Geld für die AUB fließen und geht gegen Betriebsräte vor

Die Karriere der Aldi-Brüder Theo und Karl Albrecht, die mit 35 Milliarden Euro zu den reichsten Menschen der Welt gehören, beruhe auf Fleiß und Bescheidenheit, so das Märchen. Dabei ist die Discounter-Wirklichkeit oft brutal. Bis zu illegalen Aktionen gegen unbequeme Betriebsräte, wie sie in einem internen Strategiepapier beschrieben sind, das ver.di PUBLIK vorliegt.

Die glatte Lüge

Verdeckte Finanzspritzen an die "Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger"(AUB) gehörten bei Aldi Nord bis vor kurzem zum Geschäft (ver.di PUBLIK 4/2008). Während der Siemens-Konzern bis zu 60 Millionen Euro über eine Beraterfirma des früheren und jetzt inhaftierten AUB-Chefs Wilhelm Schelsky an die Antigewerkschaft gezahlt haben soll, hat Aldi Nord bisher geringere Beträge eingeräumt. Für Schulung und Betreuung von Betriebsräten durch die AUB habe man Zahlungen "in Höhe eines durchschnittlichen Filialleiter-Jahresgehalts" geleistet, gab der Discounter im Frühjahr 2008 zu. "Mit den Zielen der AUB [...] konnte und kann sich Aldi Nord als Arbeitgeber sehr gut identifizieren", loben die Finanziers. Aldi habe jedoch "zu keinem Zeitpunkt Tätigkeiten von Betriebsräten beeinträchtigt oder Betriebsratswahlen beeinflusst".

Das ist falsch, wie das interne Strategiepapier beweist. Es richtet sich gegen den Betriebsrat in Schwelm (NRW) und stammt aus der Essener Kanzlei des Aldi-Anwalts Emil Huber. Über ihn wurden stets auch die Zahlungen an die AUB abgewickelt.

Die Vorschläge sind an die Führung von Aldi Nord adressiert. Dabei geht es um eine "Aufklärungskampagne" mit dem Ziel "Abwahl des BR im Jahr 2006, um dann, wenn ein neuer BR gewählt ist, schließlich mit diesem die gewünschte Arbeitszeitänderung herbeiführen zu können". Der nicht arbeitgeberkonforme Betriebsrat sollte durch eine Handvoll williger Filialleiter als Störer und Gefahr für die Arbeitsplätze dargestellt werden. In Punkt fünf des Papiers heißt es schließlich "Übernahme aller Aktivitäten durch die AUB".

Hier sind gleich mehrere Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz dokumentiert. Doch Aldi Nord behauptet, es habe sich nur um ein Planspiel gehandelt. Ein Zitat aus dem Dokument belegt etwas anderes. Abgezeichnet vom Aldi-Vertrauten Emil Huber heißt es: "Die Frage ist deswegen, ob wir nicht - wie seinerzeit in Berlin - eine Gruppe von vier bis fünf loyal zum Unternehmen stehende FL (Filialleiter) für eine ,Aufklärungskampagne gegen den BR' aktivieren können."

Seinerzeit in Berlin: Am Aldi-Sitz in Nordberlin und der Regionalzentrale Großbeeren wurde vor den Betriebsratswahlen 2002 die AUB ins Spiel gebracht. Erst mündliche Stimmungsmache durch Filialleiter gegen die von ver.di-Leuten geführten Betriebsräte, dann Rundschreiben an alle Beschäftigten. Sprüche machten die Runde: "Wer die Falschen wählt, muss mit weniger Geld rechnen." Bei der Wahl wurde die Mehrheit in den beiden Betriebsräten zugunsten der AUB gekippt. Die tut seither, was sie am besten kann, spielt den verlängerten Arm der Geschäftsführung.ANDREAS Hamann