Ausgabe 06/2008-07
Wer leistet schlechte Arbeit?
Personalräte aus ostdeutschen Sparkassen diskutieren über Bewertungsmöglichkeiten
Als "Minderleister", in der Arbeitgebersprache auch "Low performer", werden Kolleg/innen bezeichnet, deren Arbeitsleistung unter dem Schnitt eines vergleichbar durchschnittlich arbeitenden Kollegen liegt. Doch dabei muss man auch immer genau auf die Gründe schauen.
Weil dies im Alltag in den Sparkassen eine Rolle spielt, haben der ver.di-Fachbereichsleiter Finanzdienstleistungen, Stefan Wittmann, und Personalräte der Sparkassen des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) dieses Thema auf die Tagesordnung ihrer Personalrätekonferenz gesetzt. Wilhelm-Heinrich Vorndamme, Richter am Sächsichen Landesarbeitsgericht, wies darauf hin, dass bei den Fällen, die in der letzten Zeit vor Gericht zu beurteilen waren, auffiel, dass Arbeitgeber oft immer mehr Leistung rauskitzeln wollen. Der Vorwurf, weniger oder schlechter zu arbeiten als in einer Normleistung festgestellt, werde gern benutzt, um die Mitarbeiterstruktur zu bereinigen und "Jung-Dynamische" einzustellen. Die Sparkassen hätten das Bedürfnis, die Beschäftigten auszulesen und zu differenzieren, sagt Stefan Wittmann.
Keiner stellt in Abrede, dass es unterschiedliche Arbeitsleistungen gibt. Doch wie viele Fehler darf man sich leisten? Ist es gerechtfertigt, dass jemand eine Abmahnung bekommt, der bei täglich 290 Zahlungsvorgängen am Tag im Monat einen Fehler begeht?
Die Sparkassenvorstände sagen, sie hätten als Leistungsanreiz die Sparkassensonderzahlungen eingeführt. Vorgesetzte beurteilen dabei, wie die Arbeitsleistungen sind und welchen Anteil die Beschäftigten an den variablen Gehaltsbestandteilen ausgezahlt bekommen. Die Personalräte fordern die Einführung von Beurteilungssystemen, genauere Stellen- und Aufgabenbeschreibungen und damit verbunden die Schulung von Führungskräften. Sie wollen keine willkürlichen Einschätzungen mehr.
Das sieht Hans-Jürgen Reinhold vom Vorstand des OSV anders. "Wir hier oben im Olymp sehen natürlich nicht alle Probleme an der Basis", sagt er. Personalsachen seien in der Zuständigkeit der Filialen. Mit Stellenbeschreibung mit konkretem Anforderungsprofil täten sich die Sparkassen schwer. Das wisse er, da wolle er in Zukunft entsprechende Empfehlungen geben.
Damit reizte Reinhold die Personalräte zum Widerspruch. Aus Kostengründen hätten die Sparkassen eine kontinuierliche Schulung ihrer Mitarbeiter, auch der so genannten Minderleister, in den letzten Jahren vernachlässigt. Heute falle ihnen dies auf die Füße: Fachkräftemangel. Es fehlten vor allem gute Leute im Back-Office-Bereich. Also dort, wo die Grundlagen für die Kundenarbeit gelegt werden. Die Sparkassen hätten als Ausbilder einen schlechten Ruf. Und das, obwohl man in Zukunft um gute Schulabsolventen ringen werde.
Da täte eine Qualitätsoffensive gut - wie sie die Personalräte fordern.
B. Tragsdorf