Mit den Übernahmen anderer Institute haben sich einige Banken übernommen. Doch auch sie unterstützt die Regierung mit Geld aus dem Rettungsfonds

Trüber Blick in die Zukunft der Banken

VON ANNETTE JENSEN

Was passiert, wenn eine international bedeutende Bank zusammenbricht, weiß seit diesem Herbst jeder: Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers hat die ganze Weltwirtschaft in einen Abwärtsstrudel gezogen. Deshalb bürgt die Bundesregierung nun für 92 Milliarden Euro, um den Kollaps der Hypo Real Estate zu verhindern, aber die Bank hat schon weiteren Bedarf von 10 Milliarden Euro angemeldet. Über eine mögliche Verstaatlichung der Bank soll noch entschieden werden. Was das den Steuerzahler kosten wird, ist noch unklar. Die Aktien des Geldhauses sind jedenfalls inzwischen nur noch etwa 300 Millionen Euro wert.

Obwohl der Staat eine Bank umso weniger pleite gehen lassen kann, desto größer sie ist, hat die Bundesregierung jetzt eine neue Großbank mit aufgebaut. 18 Milliarden Euro hat sie in die Commerzbank gepumpt. Im Gegenzug hat der Staat eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie an der "neuen" Commerzbank erworben. "Erst durch die Steuergelder konnte die Commerzbank die Übernahme der Dresdner Bank schaffen", stellt ver.di-Sekretär Jörg Reinbrecht klar. Am 1. April soll dieses Kreditinstitut von der Bildfläche verschwunden sein. "Solche Großstrukturen beschränken nicht nur den Wettbewerb, sondern konzentrieren die Risiken im Finanzmarkt erneut", kritisiert Reinbrecht.

"Dass der Staat bei uns eingestiegen ist, finde ich zunächst beruhigend", sagt der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats Uwe Tschäge. Bei einem Börsenwert von nur noch 2,1 Milliarden Euro hätte die Commerzbank leicht von einem internationalen Investor geschluckt werden können. Außerdem habe der Commerzbank-Vorstand in einer schriftlichen Erklärung versprochen, dass bis zum Jahr 2011 niemand gekündigt werden darf. Dennoch wollen die Manager 9000 Stellen abbauen, 6500 davon in Deutschland. Sozialverträglich, sagen sie.

Enge Zusammenarbeit der Betriebsräte

Schon seit September haben sich Arbeitnehmervertreter beider Banken regelmäßig getroffen, inzwischen sitzen sie zusammen im Konzernbetriebsrat. "Zum Glück ist die Zusammenarbeit dort sehr konstruktiv", sagt Dresdner-Bank-Mitarbeiterin Christine Guntentaler, die für ver.di in der Gesamttarifkommission Banken sitzt.

Auch die Deutsche Bank hatte Schwierigkeiten, den Kauf der Postbank zu stemmen. Mit einem überaus komplizierten Vertrag, der das Eigenkapital des deutschen Branchenprimus schont, übernimmt sie nach und nach Anteile. Die 24000 Postbank- Beschäftigten sind verunsichert. "Keiner weiß, was aus dem Deal folgt und welche Auswirkungen das auf die Struktur der Postbank haben wird", berichtet Renate Treis, die Vorsitzende der ver.di-Bundesfachgruppe Postbank.

Nachdem die Deutsche Bank vor einigen Jahren das Kleinkundengeschäft abgewickelt hatte, weil der Vorstand der Meinung war, dass sich mit Investmentbanking mehr Geld verdienen ließe, macht er das nun durch Zukäufe rückgängig. Die Norisbank und die Berliner Bank hat sie bereits geschluckt - Anfang 2013 soll auch die Postbank verdaut sein. Doch die neue Mutter steht auf unsicheren Beinen: 4,8 Milliarden Euro Verluste musste sie allein im letzten Quartal melden und seit Sommer verlor die Aktie 83 Prozent ihres Werts. Niemand glaubt Vorstandschef Josef Ackermann noch, dass damit nun alles bereinigt ist, wie er behauptet. Doch das hält Ackermann nicht davon ab, der Politik teure Vorschläge zu machen. Schließlich weiß er, dass die Banken ein erhebliches Erpressungspotenzial haben: Die gesamte Wirtschaft hängt davon ab, dass Geldhäuser Kredite verteilen und die Geschäfte so am Laufen halten. Deshalb forderte Ackermann vor kurzem, der Staat solle Schrottpapiere aus den Bank-depots übernehmen und in eine "Bad Bank" überführen.

Ausfälle und kein Ende

Hintergrund des Ansinnens: Bisher sind höchstens ein Viertel der Risikopapiere als Ausfälle in den Bilanzen der Banken aufgetaucht. Weil also vermutlich mindestens weitere 225 Milliarden Euro abgeschrieben werden müssen und die Summen das Eigenkapital vieler Banken übersteigen dürften, misstraut jedes Finanzinstitut dem anderen. Doch ohne Vertrauen kommt der Geldkreislauf nicht wieder in Schwung.

Zwar hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) der Idee des Deutsche-Bank-Chefs schon eine klare Absage erteilt. Doch klar ist auch, dass das Problem schnell angegangen werden muss: Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, von einer Bank ein Darlehen zu bekommen. Bleibt es dabei, werden auch gesunde Betriebe reihenweise zusammenbrechen - und ihre Lieferanten und Kunden mit in den Abgrund ziehen. Deshalb wird zur Zeit über ein Modell diskutiert, bei dem der Staat den Banken ihren Müll abnimmt und bei Fälligkeit der Papiere für deren Wertverlust einsteht, dafür aber 40 oder 50 Jahre lang an den Gewinnen der Banken beteiligt wird.

Nachgehakt – Seite 15

Zukunft – Seite 16