Agnes Schreieder ist stellvertretende Landesbezirksleiterin ver.di Hamburg

Ernstzunehmende Stimmen gegen die Gleichstellung von Männern und Frauen gibt es hierzulande nicht mehr. Aber die soziale Realität strotzt weiter vor skandalösen Missständen: krasse Lohndiskriminierung von und Hungerlöhne für Frauen, Minijob und prekäre Beschäftigung als weibliches Normalarbeitsverhältnis, chronischer Mangel an Erziehungs- und Betreuungseinrichtungen, Zementierung alter Rollen durch Ehegattensplitting, eklatante Lücken bei der Besetzung mit Frauen in den Chefetagen: So sieht die Arbeitswelt in Deutschland aus.

Die Gewerkschaften haben sich jahrzehntelang schwer getan mit realer Gleichstellung in der eigenen Organisation und im Arbeitsleben. Dennoch kommt ihnen eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung sozialer und ökonomischer Gleichstellung von Männern und Frauen zu. ver.di besteht zur Hälfte aus Frauen. Wir sind die größte Frauenorganisation der Bundesrepublik. Wir haben alle Voraussetzungen, um - gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Kräften - erfolgreich für echte Gleichstellung zu kämpfen. Denn die fängt zuallererst am Arbeitsplatz an: Warum verdienen Erzieherinnen oder Verkäuferinnen deutlich schlechter als Facharbeiter?

Die Antwort auf diese Frage geben inzwischen landauf, landab Tausende von Erzieherinnen selbst. Mit Aktionen in den Kitas und Streik fordern sie bessere Bezahlung und Höhergruppierung. Oder die Schlecker-Frauen: Erst die Organisierung von mutigen Verkäuferinnen in der Gewerkschaft und die Durchsetzung von Betriebsräten haben bewirkt, dass betrügerische, tarifwidrige Bezahlung und massiver Arbeitszeitklau bei der Drogeriekette Schlecker für Tausende Betroffene korrigiert wurden.

Doch: Frauenpolitische Forderungen an Regierende und Arbeitgebervertreter reichen nicht. Wir selbst müssen mit der Organisierung und Mobilisierung von Frauen und Männern an ihren Arbeitsplätzen die Gleichberechtigung in der Arbeitswelt durchsetzen. Und nicht nur der internationale Frauentag sollte uns dazu anspornen.