Aktive Mittagspause der Kasseler Stadtverwaltung

In der Landesverwaltung, in den Sozial- und Erziehungsdiensten und in den Gemeinden geht es ans Eingemachte. Es geht um gute Arbeit

ver.di Hessen ist das ganze Jahr über in Bewegung - nicht zuletzt im öffentlichen Dienst. Gerade ist die Tarifbewegung der Landesbediensteten erfolgreich abgeschlossen worden, noch sind die Sozialarbeiter und Erzieher/innen aktiv für ihre Rechte, da rüsten sich schon die Beschäftigten in den Gemeinden für die bevorstehende Tarifrunde im nächsten Jahr.

Bemerkenswerter Abschluss in der Landesverwaltung

Zunächst lohnt sich noch einmal ein bewertender Blick auf die gerade abgeschlossene Tarifrunde für die 50000 hessischen Landesbediensteten. In einer "aufsuchenden Befragung" ging ver.di zu den Mitgliedern an den Arbeitsplatz, um ihre Meinung zu hören. Bis Anfang April sprachen sich gut 71 Prozent für das Ergebnis aus, bei den Beamt/innen waren es sogar über 88 Prozent. Solche Gesamtergebnisse müssen natürlich gewichtet werden. So stieß die Bewertung des materiellen Ergebnisses, also die Einkommensverbesserung um 3 Prozent für 2009 und weitere 1,2 Prozent für 2010, auf ein außerordentlich positives Echo. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 500 Euro im Juni dieses Jahres, so dass der Abschluss an die Einkommensentwicklung in anderen Bundesländern heranführt. Das sind die positiven Züge.

Kritische Stimmen erhoben sich dagegen in Bezug auf die Regelungen zur Arbeitszeit. Aufgrund der Rahmen- bedingungen war es nicht möglich, eine allgemeine Arbeitszeit unter 40 Stunden zu erreichen. Für die öffentlichen wie auch die privaten Arbeitgeber ist die "magische 40" offenbar ein entscheidender Machtfaktor. Ein paar Teufel haben sich aber auch hier im Detail versteckt. Arbeitszeiten von 41 oder 42 Stunden gehören jedoch in der hessischen Landesverwaltung der Vergangenheit an. Wer bisher 42 Stunden gearbeitet hat, erfährt durch den Abschluss eine Arbeitszeitverkürzung von zwei Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich - das steht dem Zeitgeist diametral entgegen. Als Ausgleich für die Arbeitszeitverlängerung gibt es in den zwei Jahren 2010 und 2011 jeweils drei freie Tage.

Die beinharte Haltung der Landesregierung in Sachen Arbeitszeit konnte also deutlich angeknackst werden. Außerdem fällt für die Gesamtbewertung ins Gewicht, dass die sechsjährige Hängepartie mit dem Abschluss eines Tarifvertrages beendet ist. Nicht politische Parlamentsmehrheiten, sondern die Tarifparteien werden entscheiden.

Keine Mogelpackung für Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsdienste

Schon viele Wochen und Monate setzt sich ver.di für die längst fällige Aufwertung der sozialen Berufe ein. Wir berichteten über Mindestanforderungen, die vom Fachbereich Gemeinden in Hessen vorgelegt wurden. Sie beschreiben, was an Ausstattung, Ausbildung, Qualifikation und Bezahlung notwendig ist, um verantwortungsbewusst von frühkindlicher Erziehung zu sprechen. Ende April fanden zum wiederholten Mal in hessischen Städten Aktionen statt, um den Verhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern über eine neue Entgeltordnung Nachdruck zu verleihen. So geschehen in Frankfurt, Hanau, Wiesbaden, Marburg, Kassel. Hunderte von Erzieherinnen - in der weitaus überwiegenden Zahl sind es Frauen - handelten nach dem Motto: "Wer gehört werden will, muss laut werden."

Thomas Koch, Gewerkschaftssekretär in Kassel, betonte, wie wichtig es ist, auch die Öffentlichkeit über die steigenden Anforderungen in diesem Beruf zu informieren. Am 21. April diskutierten über 100 Beschäftigte aus der Stadt- und Landkreisverwaltung in einer "verlängerten Mittagspause" zwischen 12 und 14 Uhr über Arbeitsbedingungen und miserable Bezahlung, die keinerlei Wertschätzung erkennen lassen.

Mädchen für alles

Was wird nicht alles von unseren Erzieherinnen erwartet: Die Bildungspläne des Landes umsetzen, unter Dreijährige betreuen, sozial auffällige oder behinderte Kinder integrieren, auf die Schule vorbereiten, Eltern beraten und, und, und. Im Durchschnitt werden sie dafür mit 1500 Euro netto nach Hause geschickt - aber nur bei Vollzeit. In Kassel zum Beispiel arbeitet jedoch die Hälfte der Kräfte in Teilzeit. Das wiederum bedeutet 800 Euro netto. Sozialarbeiter/innen stehen trotz einer Ausbildung von bis zu fünf Jahren nicht viel besser da. Fazilet Karakas-Blutte ist Sozialarbeiterin und Sprecherin der ver.di-Vertrauensleute in der Stadtverwaltung Kassel. Sie hält diese Umstände für unzumutbar. Hinzu kommen, sagt sie, noch die gestiegenen körperlichen und psychischen Belastungen im Beruf. Deshalb ist auch ein Tarifvertrag zur Gesundheitsförderung notwendig. Aber bisher haben die kommunalen Arbeitgeber nur Mogelpackungen angeboten, die auf eine Abwertung dieses Berufszweigs hinauslaufen. Sie können sich darauf einstellen, dass die Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsberufen den Druck nicht verringern werden.