Ausgabe 10/2009
Fragen an…
Fragen an Peter Vollmer
PETER VOLLMER Ist 69 Jahre alt, hat Offsetdrucker gelernt und danach Architektur und Stadtplanung studiert. Nach der Studentenbewegung hat er 1970 in den Berliner Großbetrieben AEG, Solex, Reinshagen, Siemens und BMW gearbeitet. Leitet jetzt die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, ist verheiratet, hat vier Kinder, vier Enkelkinder und lebt seit 1961 in Berlin. Ist 1971 in die IG Metall eingetreten und Delegierter der Verwaltungsstelle Berlin.
WAS WAR IHR TRAUMBERUF?
Als langjähriges nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied habe ich meistens morgens drei Stunden bis zur Pause mit meinen Kollegen zusammen gearbeitet, sei es an der Drehbank im BMW Motorradwerk oder an der Verseilmaschine im Kabelwerk Reinshagen, um dann anschließend als Betriebsrat Kolleginnen und Kollegen zu beraten. Dieser Wechsel von Hand- und Kopfarbeit, verbunden mit der Wahrnehmung gewerkschaftlicher und politischer Aufgaben, das hat mir großen Spaß gemacht.
WAS IST DAS SCHÖNE AN IHREM BERUF?
Jetzt leite ich als Endsechziger die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, die den Erfahrungsaustausch von Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Arbeitswelt fördert. Da komme ich ständig mit interessanten und engagierten Menschen zusammen, die sich aktiv um die Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse bemühen, einfach toll.
WAS IST NICHT SO SCHÖN DARAN?
Ich muss feststellen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht. Es ist erschütternd zu erfahren, wie sowohl Rot-Grün als auch Schwarz-Rot die Umverteilung von unten nach oben hemmungslos vorangetrieben haben.
WAS TUN SIE FÜR ANDERE?
Ich habe von Zuhause viel Geld geerbt. Damit habe ich 1990 die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt ins Leben gerufen. Und ich beteilige mich nun an der Initiative für eine Vermögensabgabe: 35 reiche Menschen fordern ein Gesetz, nach dem Vermögende mit mehr als 500 000 Euro Besitz für den überschreitenden Betrag zwei Jahre lang eine Vermögens-abgabe in Höhe von fünf Prozent abführen müssen und dann wieder eine allgemeine Vermögenssteuer eingeführt wird, damit vor allem die Reichen die Krise bezahlen. Mit der Vermögensabgabe soll gezielt in den ökologischen Umbau der Wirtschaft, in Personal für Bildungs-, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie in die Erhöhung von Transfereinkommen investiert werden.
WAS KANN IHRE GEWERKSCHAFT FÜR SIE TUN?
Als langjähriges Mitglied der IG Metall wünsche ich mir, dass die Gewerkschaften klarer Position für ihre Mitglieder beziehen und mit diesen zusammen solidarisch Verbesserungen in allen Bereichen des Arbeitslebens erstreiten. Ich finde, dass die Kompromissbereitschaft und die Zusammenarbeit mit den Unternehmern heutzutage viel zu weit geht.
WER BRAUCHT DERZEIT UNSERE SOLIDARITÄT AM DRINGENDSTEN?
In Deutschland diejenigen ganz unten, Hartz IV-Empfänger und Niedrig-löhner, ansonsten unsere Kolleginnen und Kollegen in der so genannten Dritten Welt.
WAS HABEN SIE IN IHREM LEBEN NOCH VOR?
Weiterhin einen Beitrag zur Überwindung der ungerechten Gesellschaftsverhältnisse und für eine bessere Welt zu leisten.