Sein Verdienst? Aufsichtsräte bestimmen mit

Von Heike Langenberg

Bislang waren die Vergütungen der Vorstände deutscher Unternehmen im Wesentlichen vom kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg abhängig. Angekündigte Entlassungen ließen, als vermeintlicher Beitrag zur Kostensenkung, auf einen höheren Gewinn des Unternehmens hoffen. Der Aktienkurs stieg und mit ihm der Wert der Firma. Gebunden an kurzfristige Zielvorgaben und Erfolgsprämien profitieren auch die Manager über ihre Bezüge davon. Die Verlierer waren die Entlassenen und die nachhaltige Entwicklung der Unternehmen.

Das soll sich jetzt ändern. Die damalige schwarz-rote Bundesregierung hat im Sommer ein Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen verabschiedet. Durch die Finanzkrise sind die Vorstandsvergütungen ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten - nicht nur in der Finanzbranche. Nunmehr sind Aufsichtsräte allein für die Festsetzung der Managervergütung zuständig. Außerdem hat die Regierung die Kriterien anders definiert, an denen sich die Gehälter orientieren sollen. Nachhaltigkeit auch im Sinne der Schaffung neuer Arbeitsplätze oder des Erhalts von Unternehmensstandorten soll eine größere Rolle spielen.

ver.di fordert ihre Arbeitnehmervertreter/innen in den Aufsichtsräten auf, diese Möglichkeiten zu nutzen. Sie haben in diesen Tagen eine Handlungsempfehlung der Gewerkschaft erhalten, außerdem bietet ver.di Fachtagungen und Qualifizierungen an. "Die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten sind gefordert gegenzusteuern. Sie müssen die Frage der Vorstandsvergütung stärker als bisher in den Aufsichtsräten diskutieren", sagt Dina Bösch, im ver.di-Bundesvorstand unter anderem für Mitbestimmung zuständig.

Ganz andere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen

Das hat auch Monika Brandl vor. Sie ist Mitglied des Aufsichtsrats bei der Deutschen Telekom. "Auf jeden Fall haben wir jetzt ganz andere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen", sagt sie. Schließlich seien die Unternehmen jetzt nicht nur den Shareholdern, also ihren Anteilseignern, sondern auch den Stakeholdern, also den Arbeitnehmer/innen, Kund/innen und der Gesellschaft verpflichtet.

Bei einer Tagung des ver.di-Fachbereichs Telekommunikation und Informationstechnologie habe dieses Thema bereits auf der Tagesordnung gestanden, jetzt wollen die Arbeitnehmervertreter/innen im Aufsichtsrat der Telekom ihr weiteres Vorgehen abstimmen, sagt Brandl. Die langfristige und nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätzen soll ihrer Meinung nach in Zukunft eine größere Rolle bei der Festlegung der Vorstandsgehälter der Telekom spielen. Monika Brandl geht davon aus, dass sich im Aufsichtsrat dafür ein Konsens finden lässt.

Das Gesetz gibt bei der Findung der Vorstandsgehälter eine weitere Bezugsgröße vor: die Gehälter der Beschäftigten. Erhielten die Vorstände Mitte der 80er Jahre noch rund das 14-fache der Durchschnittsgehälter der Beschäftigten, stieg dieses Verhältnis im Jahr 2008 bei den 30 Dax-Unternehmen auf das 49-fache. Besonders weit ging die Schere bei Unternehmen wie der Metro, der Deutschen Post und der Lufthansa auseinander. Ein Grund für diese Entwicklung ist die Einführung erfolgsorientierter Vergütungsbestandteile Mitte der 90er Jahre.

Variable Anteile fixieren

"Jetzt ist vom Aufsichtsrat stets der Ver-gleich zur Entwicklung in der Branche, im eigenen Land und zu den Beschäftigteneinkommen zu ziehen", sagt Dina Bösch. Das sei eine Absage an den angloamerikanischen Vergleich, der gerne genommen wurde, um überzogene Vergütungen und Boni zu begründen. ver.di empfiehlt, ein besonderes Augenmerk auf dieses Verhältnis von fixen und variablen Vergütungsanteilen zu legen. Der variable Anteil sollte nicht höher als 60 Prozent sein und vor allem an nachhaltige Kriterien gebunden sein. Dazu gehören, so Bösch, auch Mitarbeiterzufriedenheit oder andere Kriterien aus dem Index Gute Arbeit.

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