Ausgabe 08/2010-09
Die Nuss geknackt
Wege der Solidarität
Im mittelhessischen Städtchen Gladenbach gibt es zwei Erlebnisorte: das örtliche Schwimmbad und die ver.di-Bildungsstätte. Wer sich rechtzeitig um seinen jährlichen Bildungsurlaub gekümmert hatte, konnte vom 8. bis 13. August am 4. Politik-Forum teilnehmen und hatte ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Thema der diesjährigen Veranstaltung: Solidarität - wozu, weshalb, mit wem? Rund 60 Teilnehmer/innen hatten sich für die vier Einzelseminare angemeldet.
Auf den ersten Blick schien es schwer vorstellbar, wie sich die einzelnen Seminare zu einem gemeinsamen Forum fügen sollten - ging es doch um sehr unterschiedliche Probleme. Da trafen sich, erstmalig für das Politikforum, unterm Schirm des hessischen Bildungswerks Vertrauensleute aus ganz Hessen, um sich über die gewerkschaftliche Basisarbeit in den Betrieben auszutauschen. Die ganze Bandbreite war vertreten: Von hochorganisierten Betrieben, in denen die Vertrauensleute-Arbeit fest verankert ist, bis zu Einzelkämpfern, die sich das elementare Rüstzeug aneignen wollten. Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit der Frage, wie man öffentlichkeitswirksame Aktionen gestalten kann. Plakate wurden entworfen, Zeitungen durchs Haus gelegt, Solidaritätsaktionen geplant.
Und jetzt alle!
Zwei weitere Seminare gingen das Thema "Solidarität" theoretisch an. Eine Gruppe beschäftigte sich mit der Analyse der kapitalistischen Gesellschaft und mit alternativen Ansätzen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen, dem Mindestlohn oder der "Vier-in einem-Theorie" der Soziologin Frigga Haug. Eine andere widmete sich den Hintergründen der 68er Bewegung. Marx, Adorno - die Teilnehmer knackten Erkenntnis-Nüsse. Vier unterschiedliche Seminare, die alle zu einer Frage etwas beitrugen: Wie aktuell ist gewerkschaftliche Solidarität?
Auch in diesem Jahr wurde im Politik-Forum wieder rotiert. Wie üblich trafen sich die Teilnehmer am Ende eines Seminartages, um im wechselseitigen Besuch der Seminarräume über die Arbeitsergebnisse der Gruppen zu informieren. So wurde eine Vernetzung hergestellt zwischen Teilnehmern und Themen.
Eine Seminareinheit blieb allen Gruppen vorbehalten, um aus unterschiedlicher Perspektive das übergreifende Thema zu beleuchten. Auf Plakaten, in kleinen Sketchen oder im Chor ging es darum, wie sich Individualität in der Gemeinschaft verwirklichen kann, wie Solidarität durch Individualität lebt - und letztlich unbesiegbar macht. Wer nach Gladenbach kommt, sollte nicht nur ins Schwimmbad gehen. Aufregender ist es im Bildungszentrum. reb