Rovaniemi liegt mitten in der Einsamkeit - von der Hauptstadt Lapplands aus ist es nur ein Elchsprung in wilde Wälder und stille Seen

Schlittenhunde und Rentiere gehören zu Lappland wie weiße Tiger zu Indien. Ohne die Hunde kommt man im Winter nicht weit, die schnellsten Rentiere rennen jährlich im Februar um die Wette in Lapplands Hauptstadt Rovaniemi

Die Engländer kommen, um ihren Kindern Joulupukki vorzustellen, den einzig wahren Weihnachtsmann. Der ist - wie es der Zufall will - genau hier, am 66. Breitengrad zuhause. Die Wintersportler hingegen werden von den ausgedehnten Skigebieten Lapplands angelockt, und die Japaner haben nur Sex im Sinn. Zeugen sie unter dem Zauber der Polarlichter ein Kind, dann wird's ein Junge, davon sind sie felsenfest überzeugt. Den deutschen Touristen aber geht es im Norden vornehmlich um die Weitläufigkeit der nordischen Landschaften, sie schätzen die Ruhe und Einsamkeit der finnischen Wälder. Die ist einem auch sicher, denn Lappland gehört immer noch zu den am dünnsten besiedelten Regionen der Welt. Unglaubliche zwei Quadratkilometer hat hier jeder Mensch für sich. Das reicht für eine entspannte Handtuchpolitik.

Herausfordernde Optik

Die Touristen hält es durchschnittlich anderthalb Tage in Rovaniemi, der Stadt am Polarkreis. Zu vielseitig sind die ganzjährigen Freizeitangebote der Umgebung, als dass sich der Besucher lange in die - sagen wir mal - herausfordernde Optik der Stadt vertieft. Ein Fehler, der sich mit einer der engagierten, informativen Stadtführung beheben lässt. Dass Rovaniemi aussieht wie aus einem Guss der 50er Jahre, daran sind nicht die Lappen, sondern die Deutschen schuld. Nach einem Waffenstillstandsabkommen zwischen Finnland und der Sowjetunion verließ die deutsche Wehrmacht die Stadt 1944 erst, nachdem sie alles in Schutt und Asche gelegt hatte. Zwei Häuser, mehr nicht, sind damals stehen geblieben, sie gelten heute als Rovaniemis "Altbauten". Der finnische Architekt Alvar Aalto ließ die Stadt in den 50er Jahren nach seinen damals hochmodernen Plänen wieder aufbauen. Das Erscheinungsbild des ehemaligen Marktfleckens war damit zementiert.

Zwei Flüsse treffen in Rovaniemi aufeinander, der Ounasjoki und der Kemijoki. Noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts trieben hier die Flößer aus den Wäldern ihr Holz in den Süden. Heute säumen kilometerlange Straßen die Ufer; im Sommer ideale Inlinerstrecken und Fahrradwege ohne nennenswerten Gegenverkehr.

Wie eine überdachte Landzunge ragt am Ufer des Ounasjoki das Arktikum ins Wasser. Das Museum der Provinz Lappland ist ein mit allen Finessen ausgestattetes Informationszentrum. Multimedial aufbereitet nimmt das Schauspiel der Nordlichter hier auch im Sommer gefangen, und schamanische Gesänge der samischen Urbevölkerung künden von faszinierenden Trancezuständen. Das ausgestellte Wissen ist mit klugem Blick für die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern und Jugendlichen konzipiert. Wer nach dem Museumsbesuch dem Nachwuchs noch eines der begehrten Martiini-Messer kauft, macht in diesem Urlaub nichts falsch. Selbst Büromenschen in Lappland besitzen eine solche Waffe, "falls ein Bär erlegt oder ein Holz geschnitzt werden muss", sagt der Stadtführer lachend. Woher diese Tradition stammt, sieht man spätestens im Forstmuseum, eine Viertelstunde von Rovaniemi entfernt. Hier lebten und arbeiteten die Waldarbeiter bis in die 20er Jahre hinein in Blockhütten. 50 schwer arbeitende Männer und zwei Frauen, da war äußerste Selbstbeherrschung gefragt. "Nur lächeln, nicht ansprechen", hieß die Devise für die Männer; getrennt waren die Geschlechter durch die klassische "Durchreiche" zwischen Küche und Wohn-/Schlafzimmer, von den hungrigen Männern sehnsüchtig "Loch des Lebens" genannt.

Flüsternde Birken

Heutzutage sind Finnland und auch Lappland technologisch hochgerüstet. "In 80 Jahren vom Mittelalter in die Neuzeit", darauf ist man stolz. Kaum ein Land hat in so kurzer Zeit einen solch immensen Strukturwandel erfahren und verdaut. So kommt es, dass trotz Öko-Bewusstsein niemand etwas an einer geräuschintensiven Freizeitbeschäftigung auszusetzen hat: dem Quad fahren im Wald. Eindeutig nur für Menschen unter 50 zu empfehlen, sorgt dieser Wirbelsäulen erschütternde Freizeitspaß auf einem vierrädrigen Motorrad für Krach im Wald und Unbill bei den Rentieren, die sich schnell vom Acker machen. Die begeisterten Kinder ist man immerhin eine Stunde los und kann sich fernab der Rennstrecke dem Flüstern der Birken und dem Suchen nach der famosen Moltebeere hingeben, die notfalls dem Skorbut vorbeugt.

Zu empfehlen ist der gelassene Umgang der Lappen mit den Mücken. Die wollen schließlich nur stechen, und selbst davon lassen sie Anfang August ab. Auf keinen Fall sollte man sich von ihnen eine Rafting-Tour in einem der sprudelnden Gewässer der Umgebung vermiesen lassen. Dann würde man Harri Fronden nämlich nicht kennenlernen. Der Besitzer eines höchst originellen Sauna-Busses unternimmt Touren zu jeder Jahreszeit. Er organisiert im Winter Husky- und Rentierschlittenfahrten und Skitouren, im Sommer bietet er Touren an einen See wie den Vikajärvi an, um dort durch die Stromschnellen zu strudeln. Anschließend steht Harri am Herd, serviert köstlichen Lachs mit Kartoffelgratin, während im Saunateil des Busses schon der Dampf aufsteigt.

Eine Mittsommernacht in einem finnischen Blockhaus findet wegen des ewigen Lichts zwar kein Ende, ist aber unverzichtbar. In der Saunahütte direkt am See werden einem die Flausen deutscher Saunaregeln gründlich ausgetrieben. "Tür zu!" Dieser gängige Anschnauzer ist den Lappen gänzlich unbekannt. Er folgt beim Schwitzen nur einer Regel: seinem Wohlbefinden.

Wer gegen vier Uhr morgens aus seinem Fenster lugt, kann das Glück tierischer Gesellschaft erfahren. Es ist die Stunde der Rentiere, sie kommen gern um diese Zeit, dösen unterm Fenster und verbreiten Gemütlichkeit. Vielleicht gehören sie einem der Züchter in der Umgebung, die stets ein Auge auf die schnellsten Tiere haben. Die treten alljährlich im Februar zum Rentier-Rennen durch Rovianiemis Straßen an.

Indian Summer

Sind die Mücken schließlich weg, beginnt in Lappland der Herbst, inzwischen Indian Summer genannt; die Wälder färben sich in herrlichen Rot- und Gelb-Tönen, während der Wuchs der Blau-, Preisel- und Moltebeeren den Waldboden bunt ausmalt. Eine Szenerie, die in den letzten Jahren immer mehr Touristen in ihren Bann zieht und die Gelegenheit für Gewerkschafter bietet, mit den Lappen ins Gespräch zu kommen: Pflücken hier - wie in Schwedisch Lappland - auch Niedriglöhner aus Thailand? Wie steht's um den Mindestlohn? Gibt es noch nicht. Wie funktioniert es, wenn das Arbeitslosengeld von den Gewerkschaften verwaltet wird? Und wie kam es damals zum sechswöchigen Streik in der Papierindustrie, der die Produktion so lahmgelegt hat, dass eine Klopapier-Knappheit drohte? Mit unorthodoxen Antworten der lustigen Lappen muss da mitunter gerechnet werden.

Mehr Infos über Urlaubsmöglichkeiten in Finn- und Lappland unter www.suomitravel.deTel. 069 / 57 80 18 94 Betriebsreisen oder Incentives, sind buchbar unter www.finnincentive.de E-Mail juha.haapanen@suomitravel.de

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