"Libri" kommt aus dem Lateinischen und heißt Bücher. Um die geht es denn auch beim größten deutschen Buchgroßhändler. Mit rund 500 Festangestellten und 100 ständigen Leiharbeitern, zu denen besonders im Weihnachtsgeschäft noch einmal 200 bis 400 hinzu kommen, ist diese Firma ein bedeutender Arbeitgeber in Hersfeld. In der Branche gibt Libri den Ton an und verzeichnet trotz Wirtschaftskrise kontinuierlich wachsende Umsätze. Bei den Einkommen der Beschäftigten hat sich aber seit fünf Jahren nichts getan. Es gab keinen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Und wieder steht der Weihnachtsmann nur vor der Tür, um den Beschäftigten Wochenendarbeit und Überstunden abzuverlangen.

Tariflose Diaspora

Für einen Großteil der Beschäftigten im Lager beträgt der Verdienst seit Jahren 1651 Euro. Rechnet man ein Drittel an Abzügen ab, bleiben rund 1100 Euro netto übrig. Viel zu wenig, die Arbeit ist hart und anstrengend. Wer als Alleinverdiener davon eine Familie ernähren muss, ist auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen. Nach Tarif wären für diese Tätigkeit 190 Euro mehr zu bezahlen. Aber Libri ist seit fünf Jahren nicht mehr tarifgebunden und weigert sich seither, die in der Branche vereinbarten Lohnerhöhungen zu zahlen. Das Unternehmen hat sogar eine Einigungsstelle beantragt, um ein noch schlechteres Lohngefüge durchzusetzen. Die Arbeitnehmerseite wird dort durch den hessischen ver.di-Fachbereichsleiter Bernhard Schiederig vertreten.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass der Unmut unter den Beschäftigten wächst. Es wächst aber auch die Bereitschaft, sich gewerkschaftlich zu organisieren und zusammen mit ver.di eine bessere Bezahlung durchzusetzen. In den vergangenen Monaten konnte eine beachtliche Zahl an neuen Mitgliedern bei Libri gewonnen werden. So wird es möglich, weitere Schritte zur Durchsetzung einer besseren Bezahlung zu planen. ver.di ist dabei, eine betriebliche Tarifkommission zu bilden und konkrete Lohnforderungen zu entwickeln. Da sich der Arbeitgeber bislang wenig einsichtig gezeigt hat, werden auch Arbeitskampfmaßnahmen ins Auge gefasst. Mechthild Middeke