Von Sabine Schmitt

Die Rechnung war kurz gefasst, aber klar: 96 Euro sollte Kristina Reuss zahlen für einen Abo-Vertrag, den sie im Internet geschlossen hatte. Doch die Studentin aus Mannheim wusste nichts von einem Vertrag. Auf www.opendownload.de hatte sie lediglich ein Officeprogramm heruntergeladen, das sogar der Plattformbetreiber als "freeware" bezeichnet - und das im Internet gratis zu haben ist. Von einem kostenpflichtigen Zweijahres-Abonnement war nie die Rede gewesen. "Wofür denn auch, ich brauchte ja nur das eine Programm", sagt die 22-Jährige. Hätte sie gewusst, dass die Registrierung sie 192 Euro kosten sollte, hätte sie niemals geklickt.

Der Preis wird versteckt

So wie Kristina Reuss ergeht es täglich Tausenden. Sie schließen Verträge im Internet, von denen sie erst etwas ahnen, wenn die Rechnung ins Haus flattert - meist kurz nach Ablauf der Widerrufsfrist. Dabei werden Abos abgeschlossen für Serviceleistungen, die es normalerweise kostenfrei im Internet gibt: Kochrezepte, Fahrtrouten, Software, Horoskope, Medizintipps, Namensforschung - kaum einen Bereich lassen die findigen Seitenbetreiber aus.

Und ihre Masche ist immer die gleiche: Bevor die vermeintlich kostenfreie Leistung erbracht wird, müssen sich die Besucher registrieren. Preisangaben werden entweder komplett in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt, Absendebuttons mit Sternchen zum Seitenende versehen oder der Preis steht irgendwo am Seitenrand, meist umgeben von Fließtext. Wer weiß, wonach er suchen muss, findet die Angaben - doch ahnungslose Surfer, die "nur mal schnell nachschauen" wollen, sitzen ebenso schnell in der Falle. Ein Beispiel dafür ist die Namensforschungsseite www.genealogie.de. Auch wer nur kurz etwas über seinen Vornamen erfahren will, gelangt auf eine Registriermaske - und wer nicht bis ans Seitenende scrollt, erfährt wohl auch erst mit der Rechnung, dass für das schnelle Nachschlagen 60 Euro fällig werden. Dafür gibt es dann zwölf Monate Zugriff auf eine Datenbank, die der Nutzer gar nicht wollte.

Das ist nur ein Beispiel von Dutzenden. Die Betreiber der Seiten setzen darauf, dass der Internetnutzer keine Preisangabe erwartet, weil das Angebot ja vermeintlich kostenfrei ist, gern auch noch mit einem verlockenden Gewinnspiel versehen - wie beispielsweise bei www.outlets.de, das schon so manchen Schnäppchenjäger ein kleines Vermögen gekostet hat.

Nicht einschüchtern lassen

Das bewusste Verstecken oder Verschweigen des Endpreises verstößt gegen die Preisangabeverordnung. Zahlreiche Gerichte haben inzwischen zugunsten der Verbraucher geurteilt. Deshalb gilt: Solange es keine Preistransparenz gibt und sich der Kunde nicht im Klaren darüber ist, dass er überhaupt einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen hat, gibt es gar keinen Vertrag. Die Verbraucherzentralen empfehlen: "Zahlen Sie nicht, bleiben Sie stur, lassen Sie sich nicht einschüchtern." Doch die Nerven hat nicht jeder. Viele Abofallen-Opfer zahlen früher oder später und erkaufen sich damit ihre Ruhe. Denn mit einfachen Rechnungen lassen es die Betreiber meist nicht bewenden. Oft beauftragen sie Anwälte und Inkassobüros, die die Kunden einschüchtern sollen. Und die Drohgebärden sind gewaltig. Nicht nur "endgültig letzte Mahnungen" werden an die Kunden verschickt, es wird auch unverhohlen mit "gerichtlichem Mahnverfahren", Vollstreckung und Kontopfändung gedroht. "Da wird eine Drohkulisse aufgebaut, der nicht jeder standhalten kann", sagt Martin Madej, Jurist beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Doch solange kein echtes gerichtliches Mahnverfahren droht, muss niemand reagieren.

Die Lösung

Einen gezielten Schutz der Internetnutzer vor solchen Abo-Fallen gibt es bisher nicht. Doch Verbraucherschützer haben schon lange eine Lösung parat, mit der dieser Millionenmasche schnell ein Ende zu bereiten wäre: Sie heißt Button-Lösung und ließe sich vollkommen problemlos auf Internetseiten einbauen. Seriöse Anbieter, bei denen der Kunde vor dem Bestellvorgang noch einmal eine Liste mit seinem Einkauf vorgelegt bekommt, die er bestätigen oder korrigieren muss, arbeiten im Prinzip bereits damit. In Frankreich ist diese Button-Lösung schon gesetzliche Vorgabe - darauf setzt auch VZBV-Jurist Madej. "Anders wird man den Abo-Fallen-Betreibern das Handwerk nicht legen können." Das Bundesjustizministerium kündigte jetzt ein schärferes Vorgehen gegen die "Plage der Internetfallen" an. Noch im Herbst soll es einen Gesetzentwurf zu einer Button-Lösung geben, die den Verbraucher verlässlich vor versteckten Kosten warnt.