"Wenn manche Verlage nur noch durch Sparen an der Redakteurs- und Autorenarbeit in die Gewinnzone gelangen konnten, dann ist dies für viele eine schlechte Botschaft. Natürlich fragen sich dann die Leser, warum sie für diese Produkte überhaupt noch etwas zahlen sollen," sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Rede auf dem Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV). "Ich wüsste gern, ob Richard Rebmann nach diesen Worten geklatscht hat", sagt Uwe Kreft, ver.di-Sekretär in Stuttgart. Rebmann ist Verleger des Schwarzwälder Boten, stellvertretender Vorsitzender des BDZV und Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH), eines verschachtelten Medienunternehmens, zu dem auch der Bote gehört.

Zum 1. März wurden die Anzeigenabteilung und die Redaktion des Schwarzwälder Boten in zwei eigenständige, tariflose Gesellschaften ausgegliedert. Die Druckvorstufe wechselte bereits im Jahr 2008 in die tariflose Firma Grafikbote Oberndorf. Insgesamt sind rund 350 Beschäftigte betroffen.

Die journalistischen Nachwuchskräfte, die Volontäre, spüren die Wirkung schon. "Sie bekommen 1228 Euro, davon sind 870 Euro festes Gehalt, der Rest ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers", sagt ein Redakteur, der nicht namentlich genannt werden möchte. Mediengestalter sollen künftig für 1300 Euro brutto eingestellt werden, nach einer dreijährigen Ausbildung. Er befürchtet: "Wir müssen damit rechnen, dass die Chefs auch an die Altverträge rangehen. Wir machen uns Sorgen, wie unser Beruf und unsere Zeitung in Zukunft aussehen werden."

Der Schwarzwälder Bote wird schon wochenlang bestreikt, ein Ende war bei Redaktionsschluss nicht in Sicht. Für den 11. Oktober war erstmals ein Sondierungsgespräch vorgesehen.

Den Kontakt mit ver.di verweigert die Geschäftsleitung der Nordwest-Zeitung (NWZ) in Oldenburg. Erst müsse die Gewerkschaft bereit sein, für Neueinstellungen schlechtere Konditionen zu vereinbaren, dann könne man reden.

Tariflos in Oldenburg

Seit Ende Juli ist die NWZ nicht mehr tarifgebunden. Der Arbeitgeber legte dem Betriebsrat den Entwurf einer neuen Vergütungsordnung vor: Künftig sollen nur noch zwölf Gehälter pro Jahr gezahlt werden, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sollen gestrichen und die 40-Stunden-Woche eingeführt werden. Bisher arbeiten die Redakteure 36,5 Stunden pro Woche, Verlagsangestellte 35 Stunden.

Über die Höhe der künftigen Gehälter steht nichts in dem Papier, da die nur zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber in einem Haustarif ausgehandelt werden kann. Die Geschäftsführung stellt sich eine Vergütungsregelung mit dem Betriebsrat so vor: Der Arbeitgeber verpflichtet sich, einmal in jedem Kalenderjahr "zu prüfen", ob die Gehälter angehoben werden können. Das ließe ihm in Zukunft freie Hand, einseitig, ohne Verhandlungen mit ver.di die Gehaltshöhe zu bestimmen. "Wir sammeln Unterschriften im Betrieb und fordern den Arbeitgeber zu Haustarifverhandlungen auf", sagt Frank Peters. Er ist Mediengestalter und arbeitet in der Anzeigenabteilung. "Das Echo ist fantastisch, meine Abteilung hat komplett unterschrieben. Die Kollegen haben eingesehen, dass die Gewerkschaften sonst draußen sind." Für die NWZ arbeiten rund 400 Beschäftigte und 80 Leiharbeiter/innen.

Das Verhalten der Verleger war auch Thema auf dem ver.di-Bundeskongress in Leipzig: Die Delegierten verabschiedeten Resolutionen, in denen sie sich solidarisch mit den Belegschaften des Schwarzwälder Boten und der NWZ erklärt haben. Silke Leuckfeld

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