Krankenhausbeschäftigte wollen einen Sondertarifvertrag "Gesundheitsschutz/Gute Arbeitsbedingungen" und fordern "Der Druck muss raus"

Hilfe bei der Körperpflege, Unterstützung beim Essen und vorbeugende Maßnahmen sind ein Teil der Aufgaben, die die rund 800.000 Krankenhausbeschäftigten in deutschen Krankenhäusern täglich leisten - wenn sie sie noch leisten können. Immer mehr Krankenhausbeschäftigte müssen mit ihren eigenen Kräften haushalten, weil sie meist über die tariflich vereinbarte Arbeitszeit hinaus Kranke zu betreuen haben.

Tatsächlich arbeiten Beschäftigte in Krankenhäusern im Schnitt statt 38,5 Stunden pro Woche 44 Stunden. Dienstende ist eben erst, wenn die Versorgung aller Patienten gewährleistet ist. Doch ist sie das noch, wenn übermüdete und ausgelaugte Pflegekräfte nach der Nachtschicht wegen Ausfall der Frühschicht diese auch noch übernehmen müssen? Immer häufiger sind Krankenhausbeschäftigte gezwungen, wegen Personalmangels Abstriche bei der eigenen Arbeit zu machen.

"Der Druck muss raus" fordert ver.di deshalb in einer Kampagne, die die Arbeitsbedingungen in den deutschen Kliniken in den Fokus nimmt. Schon einmal vor vier Jahren war die Situation an den Krankenhäusern Gegenstand gesundheitspolitischer Diskussionen. Damals ging ver.di mit der Kampagne "Der Deckel muss weg" an die Öffentlichkeit. Die Budgetierung für die Krankenhäuser sollte aufgehoben und in einem Pflegestellenförderprogramm 17.000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. 130.000 Menschen gingen dafür im Sommer 2008 auf die Straße.

Wie im Supermarkt

Der Deckel, der auf den Krankenhäusern lastet, wurde zumindest kurzfristig angehoben und auch gut 5000 Stellen entstanden neu. Doch inzwischen ist der Deckel fester zugeschraubt als zuvor. Der von der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, SPD, zugesagte Orientierungswert - eine Art Warenkorb für die Krankenhäuser - wird erst gar nicht umgesetzt. "Die Folge ist", so Cordula Kiank, die bei ver.di die neue Kampagne organisiert, "dass den Krankenhäusern eine angemessene Finanzierung vorenthalten wird und so fast 50.000 Stellen in Gefahr sind." Eingesackt haben wieder einmal hauptsächlich die niedergelassenen Ärzte, für die Krankenhäuser bleiben nur Brosamen.

Vor allem Beschäftigte in den Krankenhäusern Baden-Württembergs halten den daraus resultierenden Arbeitsdruck nicht mehr aus. Sie gaben den Anstoß zur neuen Kampagne. Bundesweit wurden Krankenhausbeschäftigte nach ihren Belastungen befragt. An erster Stelle steht bei allen der Personalmangel. Fast alle, 92,9 Prozent, leiden wegen permanenter Mehrarbeit bereits an Erschöpfungszuständen. Sie wollen generell mehr verbindliche Arbeitszeiten, Verbesserungen in der Ausbildung und mehr Qualifizierung.

Am 30. November wollen die Tarifkommissionen der Krankenhäuser zusammenkommen und ihren Forderungskatalog festschnüren. Und dann geschlossen und kämpferisch in eine Sondertarifrunde für mehr Gesundheitsschutz und bessere Arbeitsbedingungen gehen.