Timo Heider ist Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Deutschen Postbank und stellvertretender Vorsitzender des ver.di-Gewerkschaftsrats

ver.di PUBLIK | Aus einer Betriebsräteversammlung bei der Postbank in Bonn wurde am letzten Septembertag eine Protestaktion vor der Postbankzentrale. Fast 450 Betriebsräte und Beschäftigte waren dabei. Worum ging es bei dem Protest?

TIMO HEIDER | Um Wut im Bauch. Alle sind verärgert - und mehr als das - über die von der Geschäftsführung geplanten Veränderungen. Die Deutsche Bank hat die Postbank vor drei Jahren übernommen, seit Ende 2010 ist sie Teil des Deutsche-Bank-Konzerns. Am Anfang hieß es, die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bleiben gleich. Jetzt sollen plötzlich Einsparungen von knapp 30 Prozent der Personalkosten allein zu Lasten der Beschäftigten gehen. Das wollen wir uns nicht bieten lassen, da sind wir auch zu weiteren Aktionen bereit. Frank Bsirske hat es in Bonn so gesagt: Wir bereiten uns auf Auseinandersetzungen vor. Das kann bis zum Arbeitskampf gehen.

ver.di PUBLIK | Welche Verschlechterungen drohen jetzt?

HEIDER | Die Absenkung der Einkommen ist angekündigt, außerdem eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 42 Wochenstunden und drei Urlaubstage weniger als bisher. Das soll durchgesetzt werden, indem die Beschäftigten der Kreditabwicklung keinen Überleitungstarifvertrag bekommen, der ihre Situation absichert. Stattdessen kündigt die Bank die alten Arbeitsverträge und schließt mit allen einzeln Verträge ab. Jede und jeder soll einen neuen Vertrag in der neu gegründeten Gesellschaft bekommen. Im schlimmsten Fall hat diese Gesellschaft überhaupt keine tarifvertraglichen Regelungen und keine gültigen Betriebsvereinbarungen. Das sehen wir als Wortbruch. Vereinbart war sozialpartnerschaftlicher Umgang.

ver.di PUBLIK | Wer hat diese Pläne entwickelt, die Postbank oder die Deutsche Bank?

HEIDER | Das ist nicht so einfach zu sagen. Faktisch gehören der Deutschen Bank heute schon mehr als drei Viertel der Postbank, aber die formale Übergabe der Aktien wird voraussichtlich erst 2012 stattfinden. Bis dahin stecken wir in einer Art Zwittersituation: die Chefs der Postbank entscheiden, aber immer in Absprache mit Frankfurt, also mit der Deutschen Bank. Wir spüren da täglich einen vorauseilenden Gehorsam, es der Deutschen Bank recht machen zu wollen oder zu müssen. Das macht es für uns schwerer, zu verhandeln und etwas durchzusetzen.

ver.di PUBLIK | Wie geht es weiter?

HEIDER | Die Bank hat erklärt, dass sie die Methode, eine neue Gesellschaft mit schlechteren Bedingungen zu gründen, auch für weitere Bereiche anwenden will, so für den Zahlungsverkehr und die Callcenter. Im nächsten Schritt sind dann also mehrere tausend Beschäftigte betroffen. Der Konzernbetriebsrat und ver.di werden gemeinsam in die Tarifgespräche mit der Bank gehen, damit beginnen wir noch im Oktober. Wir fordern einen Überleitungstarifvertrag für alle Betroffenen bei der Postbank und ihren Töchtern, der die Rechte und die Arbeitsbedingungen absichert. Wir fordern auch Tarifverträge in den neuen Gesellschaften. ver.di, die Betriebsräte und die Beschäftigten werden den Prozess mit Aktionen begleiten.

Interview: Claudia von Zglinicki