Zähes Ringen um mehr Geld

230 Beschäftigte demonstrierten in Bernburg

von Birgit Tragsdorf

Die landeseigene Salus gGmbH in Sachsen-Anhalt hat etwa 1 900 Beschäftigte. Sie arbeiten in Kinder- und Jugendheimen, psychiatrischen Krankenhäusern, Sozialstationen, Pflegeheimen für psychisch Behinderte, Altenpflegeheimen und Seniorenzentren, Maßregelvollzugseinrichtungen und in einer Servicegesellschaft.

Bezahlt werden die Beschäftigten nach einem Haustarifvertrag, der zuletzt für alle eine Lohnabsenkung brachte. Seither liegen die Salus-Gehälter je nach Berufsgruppe zwischen acht und zehn Pro- zent unter dem Tarifvertrag der Länder, TV-L. Das wollten die Beschäftigten nicht länger hinnehmen - und auch nicht die schlechtere Eingruppierung und die gleichzeitig zunehmende Arbeitsverdichtung.

Warnstreiks bringen den Durchbruch

Für den letzten Tarifvertrag von 2010 verhandelte die Tarifkommission mit dem Arbeitgeber drei Jahre lang, das Ergebnis war mäßig. "Als die Arbeitgeberseite im November 2011 wieder nur mit einem Angebot von einem Prozent Steigerung kam, platzte der Tarifkommission der Kragen", berichtet Betriebsrat Sven Fuder, "ein mieses Angebot und das bei steigenden Belastungen". Sven Fuder sagt, dass gerade die Kolleg/innen im Maßregelvollzug und in den Kliniken Verbesserungen erwartet hätten. Ob es die Psychologen, Ergotherapeuten oder das Pflegepersonal betrifft, dringend erforderlich sind Entlastung, Anerkennung ihrer Leistungen, mehr Geld und bessere Freizeitregelungen.

Nach diesem Angebot war klar: Es geht nur mit Warnstreiks. Da aber ein Streik nun nicht zu den alltäglichen Erfahrungen gehört, mussten ver.di, der Betriebsrat und die Tarifkommission Mut machen und mobilisieren, um die Kolleg/innen des Maßregelvollzugs in Uchtspringe zum ersten Warnstreik aufrufen zu können. Am 15. November nahmen von den 320 Mitarbeitern 170 am viereinhalbstündigen Warnstreik teil. "Das war eine hervorragende Aktion und Mut machend für alle anderen Beschäftigten", so ver.di-Sekretär Jens Berek.

Einen Monat später, am 15. Dezember, streikten in Bernburg die Beschäftigten des Klinikums, des Maßregelvollzugs und der Servicegesellschaft zur Unterstützung der Tarifverhandlungen. In einem Demonstrationszug zogen etwa 230 Kolleg/innen durch die Bernburger Innenstadt und machten lautstark auf ihre Forderungen aufmerksam. Das gab es lange nicht mehr in Bernburg, und die Einwohner staunten nicht schlecht, erzählt stolz Jens Berek. - Stolz waren alle Beteiligten, und beeindruckt war auch der Arbeitgeber. Es wurde neu verhandelt und gerungen, eh ein Angebot auf dem Tisch kam, dass nahe am TV-L ist. Die Arbeitgeberseite nannte starke Refinanzierungsprobleme und so nähern die Parteien sich auf einem anderen Weg dem TV-L: Die finanzielle Steigerung liegt bei 4,5 Prozent, die Arbeitszeit wird von 40 auf 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich reduziert. Ab 2013 wird neben dem Spätdienstzuschlag eine Nachtzulage gezahlt, so ist das TV-L-Niveau fast erreicht. Wichtig sind für die Beschäftigten noch die Korrektur von Eingruppierungen und die Schutzklausel für die Tochtergesellschaften gegen eine Ausgründung. Ende Februar stand dann das Gesamtpaket zur Diskussion, und die verlief kontrovers, denn viele wollten lieber mehr Geld als weniger Arbeitsstunden. Abgestimmt wurde dann so: 81,1 Prozent votierten bei der Mitgliederbefragung für die Annahme des Verhandlungsergebnisses. Die Arbeitgeberseite ist nun aufgefordert,einen Tarifvertrag zu erstellen, der den verhandelten Eckpunkten entspricht.