Spannender als ein Film: Warnstreiker/innen trotzen Streikbrechern

Von Renate Bastian

Im Grunde können sie sich einen Streik gar nicht leisten. Denn die Ausfallzeiten werden ihnen unverzüglich vom Lohn abgezogen. Der ist mit durchschnittlich 7,40 Euro die Stunde lächerlich gering. Jetzt wollen sie Maßnahmen ergreifen, um das zu ändern. Die Kinobeschäftigten bei Cinestar Metropolis in Frankfurt streiken nun schon seit drei Monaten immer wieder, mittlerweile kommen insgesamt neun Streiktage zusammen. Dennoch - sie sind "nach wie vor hoch motiviert", wie André Lohrengel, Betriebratsvorsitzender des Großkinos in der Eschenheimer Anlage, betont.

Wenig Personal für starke Tage

"Cinestar - so macht Kino Spaß." Das verspricht die offizielle Werbung. Dafür möchten die 140 Beschäftigten des Kinos auch gerne sorgen. Aber die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, sind alles andere als spaßig. Gerade einmal zehn Prozent sind fest angestellt. Die meisten sind Aushilfskräfte, Studenten, die sich ihr Studium finanzieren, 400-Euro-Jobber ohne Erwerb späterer Rentenansprüche. Dabei verdichtet sich die Arbeit zusehends. Als Ebenenleiter ist André Lohrengel zuständig für den reibungslosen Ablauf der Kinoabende und übernimmt Aufgaben für die gesamte Theaterorganisation - also Kasse, Theke, Vorführung, Abrechnung am Ende der Schicht. Ein Praxisbeispiel: An regulären Tagen kommt ab 18.30 Uhr zunächst eine Aushilfskraft und füllt die Theke auf. Um 19 Uhr geht es richtig los, dann herrscht Dauerstress bis 21 Uhr für die Beschäftigten. Die nächste Vorstellung geht bis 24 Uhr. Dazwischen gibt es eine Pause von einer halben Stunde, die man in der Regel verkürzen muss, um alles zu bewältigen. Es muss aufgeräumt und abgerechnet werden. Wenn die Frankfurter besonders kinofreudig sind, also am Wochenende und im Winter, geht es noch hektischer zu. An "starken Tagen" kommen 4000 bis 5000 Besucher/innen, manchmal sogar 8000. Samstags und sonntags beginnt die Arbeit bereits um 13 Uhr.

Bewältigen müssen das die Beschäftigten für einen durchschnittlichen Stundenlohn von 7,40 Euro, bei Personalmangel, viel zu engen Schichtplänen und starker Arbeitsverdichtung. Es kann vorkommen, dass jemand bei 20 Stunden Arbeit pro Woche mit 530 Euro im Monat nach Hause geht. Wer in Frankfurt davon leben will, muss Wohngeld beantragen.

Nina K., auch Ebenenleiterin, kommt gerade mal so über die Runden. Nach einem Tag Streik wird es für sie finanziell schon eng, auch wenn es von der Gewerkschaft Streikgeld gibt. Sie braucht dringend einen Mindestlohn. ver.di fordert 9,21 Euro pro Stunde bis 2013, ist aber bereit, einen Stufenplan zu akzeptieren. Die Geschäftsführung des Unternehmens in Lübeck jedoch stellt sich stur. Zusätzlich verschärft hat sie die Situation durch eine rechtswidrige Aussperrung Mitte Juni. Mehr noch: Seitdem gestreikt wird, unterhält sie einen ständigen Trupp von Streikbrechern einer Sicherheitsfirma, die praktisch durchgehend für schnelle Einsätze zur Verfügung stehen. Dabei kassieren diese dafür selbst auch nicht mehr als den mickrigen Minilohn.

Das wird jetzt durchgezogen

Doch die Entschlossenheit der Beschäftigten ist ungebrochen. Das gilt auch für die Aushilfskräfte. "Ohne sie ginge es nicht", sagen die Ver.dianer. Die Frankfurter "Kineasten" fühlen sich innerhalb der Stadt, ja sogar im gesamten Rhein-Main-Gebiet gut vernetzt. Ihrer Stimmung nach sind sie bereit zu kämpfen, und was mal begonnen wurde, wollen sie auch fortsetzen.

Die Cinestar-Gruppe ist die größte Kinokette Deutschlands und betreibt über 70 Filmtheater. Sie gehört dem in Sydney (Australien) ansässigen Freizeitkonzern "Amalgamated Holdings Ltd.".