... und zieht dafür symbolisch in eine Kissenschlacht. Ab jetzt werden keine Federn mehr gelassen

Ein Interesse verbindet ver.di und die Arbeitgeber in der gerade begonnenen Entgelttarifrunde im Groß- und Außenhandel: Beide Seiten möchten möglichst zügig zu einem Abschluss kommen. Doch das ist auch schon alles an Übereinstimmung, weiter gehen die Gemeinsamkeiten nicht. Wann der neue Tarifvertrag wirklich unter Dach und Fach gebracht wird, hängt vor allem davon ab, wie schnell die Arbeitgeber sich der Forderung der Gewerkschaft nach einem kräftigen Plus bei Löhnen und Gehältern annähern werden.

"Die Kolleginnen und Kollegen bei uns sind hochmotiviert, für einen guten Abschluss auch zu kämpfen", sagt Wolfgang Stark, Betriebsratsvorsitzender im Edeka-Lager Marktredwitz und Gesamtbetriebsratsvorsitzender für weitere Lager in der Region Nordbayern/Sachsen. "Wir lassen uns auch nicht dadurch beirren, dass die Geschäftsleitung seit dem 1. April 2,65 Prozent mehr Lohn zahlt, denn natürlich wissen wir, dass die Belegschaft dadurch friedlich gestimmt werden soll."

Auch Sylke Hustan, die für den Groß- und Außenhandel zuständige ver.di-Sekretärin in Sachsen, ist sicher, dass der Versuch von Edeka, die Beschäftigten mit der Entgelterhöhung vor den Verhandlungen ruhigzustellen, nicht funktionieren wird. "Sie sind gut auf die Tarifrunde vorbereitet und wollen eine reale Lohnerhöhung durchsetzen."

Es gibt was zu verteilen

Zu verteilen gebe es im Groß- und Außenhandel einiges, wie ver.di-Bundesfachgruppenleiter Uwe Erschens sagt. "Gerade in den Teilbranchen Lebensmittel- und Pharmagroßhandel, im Baustoff- und Agrargroßhandel wird sehr gut verdient. Die Kolleginnen und Kollegen, die durch ihre Arbeit den wirtschaftlichen Erfolg erst möglich machen, wollen ihren verdienten Anteil daran." Seit der Krise von 2008 sind die Gewinne im Groß- und Außenhandel nach Angaben der Deutschen Bundesbank bis 2011 bereits wieder um elf Prozent gestiegen.

Im Februar und März dieses Jahres beschlossen die Tarifkommissionen in den Landesbezirken ihre Forderungen für die Tarifverhandlungen: Sie wollen eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 6,5 Prozent beziehungsweise um mindestens 140 bis 160 Euro monatlich durchsetzen, ebenso 50 bis 100 Euro mehr für die Azubis. Der Vertrag soll zwölf Monate laufen, die anstehende Reform der Entgeltstruktur soll aus den Verhandlungen herausgehalten werden. "Wir sind uns mit der Arbeitgeberseite darüber einig, dass wir die jetzigen Tarifverhandlungen nicht mit der Reform vermischen werden", sagt Wolfgang Krüger, der bei ver.di in Baden-Württemberg für den Groß- und Außenhandel zuständig ist. Hier gab es Mitte April auch den ersten Verhandlungstermin bundesweit - bislang ohne ein greifbares Resultat. "Wir haben erst mal unsere Forderungen erläutert", sagt Bernhard Franke, Leiter des Landesfachbereichs Handel. Er vermutet, dass ein wirklich gutes Ergebnis erkämpft werden muss. "Die Beschäftigten werden aber zu Aktionen bereit sein, denn die Abschlüsse waren in diesem Bereich in den letzten Jahren schlechter als in anderen Branchen."

Mehr als nur den Inflationsausgleich

Einen Nachholbedarf konstatiert auch Reinhard Mast für die rund 1,8 Millionen Beschäftigten im Groß- und Außenhandel. Er ist Betriebsratsvorsitzender bei Häfele, einem Vertrieb von Möbel- und Baubeschlägen in Nagold, und Vorsitzender der Bundesfachgruppe Groß- und Außenhandel. "Die Erwartungen unserer Kolleginnen und Kollegen sind hoch. Sie wollen mehr als einen Inflationsausgleich, nämlich eine Steigerung ihrer Nettoeinkünfte." Auch Reinhard Mast betont, dass die wirtschaftliche Situation der Branche einen guten Tarifabschluss zulasse.

Den Beschäftigten und ver.di könnte zugutekommen, dass die Arbeitgeber im Großhandel einen Abschluss erreichen möchten, bevor die Tarifrunde im Einzelhandel (Seite 4) richtig losgeht. Das könne sich, sagt Uwe Erschens, neben der Motivation der Beschäftigten vorteilhaft auf die Verhandlungen auswirken. Seit Anfang Mai wird in Baden-Württemberg weiter verhandelt. Kurz davor begannen die Verhandlungen in mehreren anderen Bundesländern.