Kleine Schwester am Kittel einer spanischen Altenpflegerin

von Silke Leuckfeld

5000 junge Spanier/innen sollen künftig jährlich in Deutschland Ausbildung oder Beschäftigung erhalten. Das Abkommen unterzeichnete Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, CDU, im Mai. Deutschland leide unter Nachwuchs- und Fachkräftemangel, in Spanien hätten die Jugendlichen bei einer Jugendarbeitslosenquote von 55,9 Prozent keine Chance. Seit längerer Zeit wirbt die deutsche Politik gemeinsam mit der Wirtschaft in Europa und sogar in China und auf den Philippinen um Fachkräfte. Die Kritik an der Spanien-Initiative kam prompt. Als "völlig kontraproduktiv" bezeichnete sie Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, SPD. Das Problem Spaniens sei nicht mangelnde Arbeit, vielmehr leide die dortige Wirtschaft darunter, keine Kredite zu erhalten.

Dass die Probleme der europäischen Krisenländer gelöst werden, ist offensichtlich auch nicht Hauptanliegen der Bundesministerin. Im Mai unterschrieb sie das Abkommen in Madrid, im März war sie in ähnlicher Mission auf den Philippinen. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. jubelte: "Philippinische Pflegekräfte können kommen!" Der Verband ist Mitglied im Arbeitgeberverband Pflege, der Ende Mai gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) auch ein Pilotprojekt mit der chinesischen Arbeitsverwaltung ins Leben gerufen hat. 2014 sollen 150 chinesische Pflegefachkräfte mit Bachelor-Abschluss und einjährigem Pflegepraktikum in China nach achtmonatigem interkulturellem Training und Sprachausbildung in stationären Pflegeeinrichtungen Deutschlands eingesetzt werden. Anfangs als Pflegehilfskraft, nach sechs Monaten und erfolgter Anerkennung als Fachkraft.

Dass vor allem im Pflege- und Gesundheitsbereich gesucht wird, wird auf der Stellenbörse der Bundesministerien und der Bundesagentur für Arbeit deutlich. Knapp 4000 Arbeitsplätze werden dort in diesem Bereich angeboten, andere Branchen folgen mit weniger freien Stellen. Die Ausschreibungen sind nicht transparent: Es gibt keine Stellenbeschreibungen, fast immer sind Personalvermittler zwischengeschaltet, selten suchen Arbeitgeber direkt. Wer über ein staatlich gefördertes Programm hierherkommt, erhält Sprachkurse und Integrationshilfen. "Beschäftigte aus EU-Staaten, die nicht über diese Programme kommen, haben darauf keinen Rechtsanspruch", sagt Sonja Marko, Bereichsleiterin Migration bei ver.di.

Der DGB berät osteuropäische Beschäftigte mit dem Projekt "Faire Mobilität" in sechs Städten. "Wir bekommen immer mehr Anfragen von Beschäftigten aus Südeuropa, schaffen es aber nicht, uns um alle zu kümmern", sagt Projektleiter Dominique John. Dafür fehle nicht nur die Kapazität, es könne auch nicht auf Spanisch oder Portugiesisch beraten werden. Doch gerade Ratsuchende aus diesen Ländern wenden sich immer öfter an das Projekt. Schwerpunkt des DGB-Projektstandorts in Berlin ist der Bereich Pflege.

Nicht einfach Leute abwerben

Im Dezember hatte Gabriele Bischoff, Abteilungsleiterin für Europapolitik beim DGB-Bundesvorstand, die Sozialreferenten der Botschaften und Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Bestandsaufnahme der Beratungsangebote eingeladen. Für Italiener/innen bietet die italienische Gewerkschaft CGIL in sechs deutschen Städten Beratung an. Für Griechen gibt es Hilfe bei der Diakonie und Kulturvereinen. "Für Beschäftigte aus Portugal und Spanien gibt es bisher kein spezielles Angebot", sagt Bischoff. Seien sie Mitglied in einer DGB-Partnergewerkschaft im Ausland, würden die zuständigen DGB-Gewerkschaften sie beraten.

Zwiespältig sieht Niko Stumpfögger vom ver.di-Bundesfachbereich Gesundheit die Werbeaktionen von Politik und Wirtschaft im Ausland. "Ich finde es anständig, wenn den ausländischen Beschäftigten die Ausbildung bezahlt wird und wir nicht nur Fachkräfte abwerben", sagt er. Dass die Gesundheitseinrichtungen in Deutschland Fachpersonal suchten, sei unbestritten. Die Probleme seien aber hausgemacht. Er appelliert an die Arbeitgeber: "Schafft gute Arbeitsbedingungen, damit Ihr auch für Beschäftigte in Deutschland attraktiv seid, und kümmert euch um die Ausbildung von Menschen mit Migrationshintergrund, die hier leben."

Beratung

DGB: www.faire-mobilitaet.de

Beratung für Italiener/innen: www.inca-cgil.de

Bundesministerien und Agentur für Arbeit für Bewerber/innen aus dem Ausland: www.make-it-in-germany.com

Vereinigung der Deutsch-Griechischen Gesellschaften: www.vdgg.de

Diakonie Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: http://tinyurl.com/n9zx6eq