Ausgabe 05/2013
Vor der Rente ausgebrannt
Nur jeder Zweite glaubt, bis zur Rente durchhalten zu können
Aykut Tavsan, 26, Fachangestellter für Arbeitsförderung bei der Arbeitsagentur Essen
Für vier Fünftel der Beschäftigten in Deutschland ist die Arbeitsintensität angestiegen, für mehr als die Hälfte sogar in beträchtlichem Ausmaß. Zu diesem Ergebnis kommt die Repräsentativumfrage des DGB-Index' Gute Arbeit. Knapp 5000 Beschäftigte wurden dazu im letzten Jahr in halbstündigen Telefoninterviews befragt. Aus den Antworten wurde ein Indexwert ermittelt. Der gibt die durchschnittliche Qualität der Arbeitsbedingungen aus Sicht der Beschäftigten an. Für 2012 liegt der Wert bei 61 Punkten und damit im unteren Mittelfeld. Bei der Arbeitsintensität kommt der Index auf 46 Punkte. Alles unter 50 Punkten ist schlech- te Arbeit. Vor allem Arbeitshetze, Zeitnot und Leistungsverdichtung haben zugenommen. 44 Prozent der Beschäftigten fühlen sich nach der Arbeit sehr häufig leer und ausgebrannt.
Angesichts zunehmend schlechter und belastender Arbeitsbedingungen ist es nicht verwunderlich, dass nur 42 Prozent der Beschäftigten in Deutschland davon ausgehen, bis zur Rente arbeiten zu können. In Pflegeberufen glauben sogar nur 20 Prozent, bis zur Rente durchzuhalten. Das ergab eine Sonderauswertung für die Pflegeberufe im Auftrag von ver.di.
Pflegebeschäftigte werden nicht durch die Arbeitsaufgabe, sondern durch die Arbeitsbedingungen zermürbt. 92 Prozent von ihnen identifizieren sich sogar sehr stark mit ihrer Arbeit. 95 Prozent sind davon überzeugt, dass sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Doch die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen werden von 40 Prozent der Befragten als schlecht bewertet, nur drei Prozent finden sie gut. 79 Prozent bekommen einen Lohn, den sie als ungerecht empfinden - gemessen an dem, was sie leisten.
Hetze, Stress und mangelnder Arbeitsschutz führen zu Erkrankungen - und machen das Arbeiten bis zur Rente unmöglich. Doch wer früher geht, muss deutliche Abzüge an der Rente in Kauf nehmen. Die Rente mit 67 wird so automatisch zur Rentenkürzung. Doch auch bei einem Renteneintrittsalter von 65 müssten die Arbeitsbedingungen besser werden. Was aber ist gute Arbeit? Laut der Umfrage ist Arbeit dann gut, wenn sie den Menschen ausfüllt, als sinnvoll betrachtet und mit einem Lohn bezahlt wird, von dem man leben kann. Zu guter Arbeit gehören Weiterbildungsmöglichkeiten, Aufstiegschancen und die Gewissheit, sich um die Zukunft keine Sorgen machen zu müssen. Und ein Arbeitsplatz, der die Gesundheit erhält und das Arbeiten bis zur Rente möglich macht. Marion Lühring
ver.di-Initiative Gute Arbeit: www.verdi-gute-arbeit.de
DGB-Index Gute Arbeit: www.dgb-index-gute-arbeit.de