Ausgabe 08/2013
Das war längst überfällig
Auch die Vergabe von ÖPNV-Leistungen umfasst das neue Gesetz
Niedersachsen geht voran: Der Landtag hat mit rot-grüner Mehrheit ein neues Landesvergabegesetz beschlossen, das eine Lohnuntergrenze von zunächst 8,50 Euro bei öffentlichen Aufträgen vorschreibt und vom 1. Januar 2014 an gilt.
"Mit diesem Gesetz sorgen wir dafür, dass Auftragnehmer öffentlicher Aufträge Tariflöhne bezahlen müssen und zu menschenwürdigen Bedingungen arbeiten lassen. Angesichts zunehmender Verwerfungen am Arbeitsmarkt durch Dumpinglöhne, Werkverträge und Leiharbeit war dieser Paradigmenwechsel überfällig", betont der SPD-Landtagsabgeordnete Ronald Schminke, Experte für Arbeitspolitik seiner Fraktion. Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber seien gefordert, im Kampf gegen Lohndrückerei und Ausbeutung mit gutem Beispiel voranzugehen. "Wo Steuergelder eingesetzt werden, kann es keine menschenunwürdigen Bedingungen und keine Produkte aus Ländern geben, in denen Sozialstandards nicht eingehalten werden", so Schminke.
Beim alten Gesetz, das nur auf den Bausektor beschränkt war, lag der Schwellenwert für öffentliche Aufträge bei 30.000 Euro. Nun gilt er bei allen öffentlichen Vergaben ab 10.000 Euro. Während bisher nur allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge eingehalten werden mussten, greift jetzt zusätzlich ein Mindestlohn von 8,50 Euro. Der ÖPNV wird erstmals mit in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen. Und ein paritätisch besetzter Beirat wird mit der Kontrolle der Vorgaben beauftragt.
"Mit diesem Tariftreue- und Vergabegesetz werden Arbeitsplätze in der niedersächsischen Wirtschaft und insbesondere im mittelständischen Handwerk gesichert und neue Jobs geschaffen." Niedersachsen gehe damit deutschlandweit einen fortschrittlichen Weg. "Dafür haben die Menschen uns gewählt, das ist unser Auftrag und unsere Verpflichtung", sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Schminke.
Historischer Meilenstein
"Dies ist ein wichtiger historischer Meilenstein in der Landespolitik", kommentiert ver.di-Landesleiter Detlef Ahting das Gesetz. "Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs begrüßen wir es ausdrücklich, dass zukünftig ein repräsentativer Tarifvertrag vorgeschrieben wird", so Ahting. "Das haben wir immer gefordert. Deshalb ist es auch ein Erfolg für ver.di."
"Wer kritisiert, dass faire Löhne zu teuer sind, der ignoriert, dass unserer Gesellschaft durch Lohndumping hohe Folgekosten entstehen. Jährlich müssen wir Steuerzahler in Niedersachsen 1,1 Milliarden Euro aufbringen, um niedrige Löhne durch Hartz IV aufzustocken", sagt Hartmut Tölle, DGB-Vorsitzender in Niedersachsen. Und: "Nun wird es darauf ankommen, die Wirksamkeit des Gesetzes durch Kontrollen zu sichern."