ÖFFENTLICHER DIENST

Jeden Tag im Einsatz - die Beschäftigten im öffentlichen Dienst

Freitag, 14. Februar 2014, 13 Uhr 45 am Frankfurter Römer. Versammelt sind: Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, ver.di-Landesleiter Jürgen Bothner und Rosi Haus, die ver.di-Bezirksgeschäftsführerin von Frankfurt und Region. Und dann: Ein roter Teppich wird ausgerollt, schwarze Limousinen fahren vor, 200 Fans jubeln. Hollywood in Mainhattan? Fast. Denn die Stars und Sternchen sind diesmal von einem anderen Kaliber. Da schreitet die Erzieherin in ihrem Alltags-Outfit gefolgt vom Müllwerker in voller Montur, der Krankenpfleger, ganz in Weiß, verneigt sich. Sie führen die Stars von heute an.

Anlass: Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen bereiten sich auf die Tarifrunde im Frühjahr vor. Ihr Anliegen ist es an diesem Tag, der Öffentlichkeit ihre Forderungen zu vermitteln und über ihre tagtägliche Arbeit zu informieren. Sie wollen Wertschätzung in zweifacher Hinsicht. Sie rufen: Leute, schaut mal her, was hier oft unbemerkt getan wird für Eure Daseinsfürsorge. Und: Leute, das muss auch entsprechend entlohnt werden.

Schauen wir zum Beispiel zur Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF). Stolz berichtet die Homepage: Auf neun U-Bahn- und zehn Straßenbahn-Linien sorgen über 350 Schienenfahrzeuge für umfassende Mobilität. Die VGF ist verantwortlich für die rollende und ortsfeste Infrastruktur. Sie beschäftigt rund 2 000 Menschen, davon mehr als 700 Schienenbahnfahrer.

Die VGF, wer steckt dahinter? Marika Kaspari, 33, wohnt in Karben, arbeitete früher als Zeitkartenverkäuferin und nun in der Frankfurter Stadtmitte als kaufmännische Angestellte. Julian Sanchez Diaz, 55, verheiratet, zwei Kinder, ist von Beruf Schienenbahnfahrer. Andreas Wiemer, 49 und schon Opa, steuert ebenfalls Schienenfahrzeuge. In einem Gespräch erläutern sie, worauf es ihnen ankommt.

Julian: Es wird als so selbstverständlich angesehen, dass man morgens, mittags, abends pünktlich zu seinen Vorhaben gebracht wird - sei es der unerbittliche Arbeitsbeginn, sei es ein vergnügliches Treffen mit Familie und Freunden, sei es die Heimfahrt später am Abend von einer Veranstaltung. Aber wer garantiert das? Die Heinzelmännchen sind es nicht. Es sei denn, man will uns so bezeichnen, weil ein erheblicher Teil unserer Arbeit auch hinter den Kulissen geschieht.

Andreas: Genau. Ich arbeite vorwiegend in der Frühschicht. An unterschiedlichen Betriebsbahnhöfen in Frankfurt. Die beginnt zwischen zwei und drei Uhr morgens. Auch samstags und sonntags. Dann melde ich mich zum Dienst, prüfe die Streckenführung, vergewissere mich, dass die Sicherheit des Fahrzeugs gewährleistet ist. Sauber und technisch einwandfrei soll die Fahrt beginnen. Meine Verantwortung liegt darin, dass die Fahrgäste sieben bis acht Stunden am Tag, wie Julian schon sagt, ihre Vorhaben bequem verrichten können.

Julian: Nicht zu vergessen, dass da auch mancher Feiertag flöten geht. Wenn du zum zweiten oder dritten Weihnachten nicht erscheinst, findet das die Familie nicht mehr so lustig. Wenn du bei Feiern mit Freunden nach dem ersten Glas Wein sagst: "Ich muss morgen ausgeruht und nüchtern arbeiten", lacht man. Aber dann wirst du nicht mehr eingeladen. Die Schichtarbeit fordert ihren Preis, den man mit Zulagen allein nicht ausgleichen kann.

Marika: Die Arbeit "hinter den Kulissen", das ist ein gutes Stichwort. Die Logistik eines Verkehrsbetriebs ist ein Kapitel für sich. Da geht es um Fahrpläne, um Fahrgastinfos, um Arbeitsabläufe. Die Urlaubs- oder Krankenvertretung muss organisiert werden. Wenn ein Fahrkartenautomat ausfällt, überall, wo es im Ablauf Probleme gibt, springe ich ein. Aber mir ist noch etwas wichtig: Ich wünsche mir nicht nur die Wertschätzung meiner Arbeit durch den Arbeitgeber, sondern auch durch unsere Kunden. Wir sind doch in der Mehrzahl im gleichen Boot als Beschäftigte. Da trifft es mich manchmal sehr, wenn man schon bei Kleinigkeiten beschimpft wird. Ich bin - typisch griechisch - blond und blauäugig. Manch ein übelgelaunter Macho hat sich beim Fahrkartenverkauf da schon einiges erlaubt. Bis hin zum Schimpfwort "Nazi".

Andreas: Ich kann das bestätigen. Schon bei einer kurzen Verspätung muss man sich auf Pöbeleien gefasst machen. Man könnte ein Buch darüber schreiben. Bei unserer Arbeit wird nicht nur ein Hebel umgelegt, wir sind vor, bei und nach der Arbeit voll im Einsatz. Deshalb ist in der bevorstehenden Tarifrunde vorrangig der Arbeitgeber angesprochen.

Julian: Überlegt mal: Entgeltgruppe 4, macht im Monat brutto 1 880,94 Euro. Dafür bewegen - mit aller Verantwortung - die Fahrer einen Zugverband im Wert von mehreren Millionen Euro. Hier stimmt das Verhältnis nicht.

Marika: All das sind wichtige Gründe für mich, bei den bevorstehenden Auseinandersetzungen nicht allein in der Tarifbewegung aktiv zu sein, sondern auch für den Betriebsrat zu kandidieren.