Vorne mit dabei: Zara-Beschäftigte bei einer Handels-Streikkundgebung im Juni 2013 auf dem Münchner Stachus

von Ernst Edhofer

Wer nach Beispielen sucht, wie sinnvoll Betriebsräte sein können, wird in der Münchner Fußgängerzone fündig. In dem schmucken Modeladen der spanischen Modekette Zara ganz in der Nähe des Marienplatzes gibt es - nicht selbstverständlich im Einzelhandel - einen Betriebsrat. Die etwa 130 Beschäftigten haben davon direkt einen Vorteil, den sie auch zu würdigen wissen: Bei der Neuwahl der Interessenvertretung im April dieses Jahres beteiligten sich 74 Prozent an der Wahl.

Obwohl das in der Branche eine gute Beteiligung ist, gibt sich die Vorsitzende des siebenköpfigen Betriebsrates, Elena Krauss, nicht ganz zufrieden: "Viele Kolleginnen, die in Elternzeit sind, haben nicht gewählt. Das ist zwar einerseits verständlich, andererseits werden gerade sie bei ihrer Rückkehr die Unterstützung des Betriebsrates am meisten brauchen." Gerade für Mütter sei es wichtig, welche Arbeitszeiten und welche Schichtregelungen gelten - und da könne der Betriebsrat mit seinen Mitbestimmungsrechten viel bewirken.

Der Unmut über Arbeitszeitregelungen und Urlaubsgewährung war auch der Auslöser für die Betriebsratsgründung vor acht Jahren, erinnert sich Tugba Babagana: "Arbeitszeiten wurden spontan geändert und freie Tage kurzerhand gestrichen, Überstunden wurden angeordnet, gewährter Urlaub einfach unterbrochen und gestrichen." Viele hätten sich als reine Verfügungsmasse gefühlt. Auf sie wurde keine Rücksicht genommen. Babagana war damals bei der Ladeneröffnung dabei und fühlte sich anfangs fair behandelt. Dann wechselte die Filialleitung, und der Ärger begann: "Es war schon Mut nötig, denn die Filialleitung wollte den Betriebsrat verhindern und hat entsprechend gemobbt."

Ohne die Unterstützung der Gewerkschaftssekretäre von ver.di wäre die Wahl nicht gelungen, sagt Babagana: "Die haben uns auch moralisch aufgebaut, wenn der Druck von oben zu stark wurde. Inzwischen hat sich der Betriebsrat etabliert und wird von der - neu besetzten - Filialleitung respektiert." Das Klima sei heute gut, die Arbeitsbedingungen besser, sagt Elena Krauss. Sie wundert sich, dass manche Arbeitgeber sich so schwer tun, Betriebsräte und damit ein bisschen Demokratie im Betrieb zuzulassen: "Die Arbeitgeber profitieren doch auch davon. Die Beschäftigten sind zufriedener und leistungsstärker, wenn sie mitreden können, und die Zahlen, also die Gewinne, werden meistens sogar höher."

Tarifvertrag für die 4 000 Beschäftigten durchgesetzt

Bei Streiks ist die Zara-Belegschaft vorne mit dabei, denn dann geht es um mehr als um Verbesserungen in den einzelnen Filialen. Dem Münchner Betriebsrat ist klar, dass ein einzelnes Gremium in einem international tätigen Unternehmen heillos überfordert ist. Auch deshalb, weil der Betriebsrat bei Fragen wie der Gehaltshöhe, generellen Arbeitszeitregelungen oder der Urlaubsdauer keine Mitbestimmungsrechte hat.

Gemeinsam mit ver.di haben sich die Zara-Betriebsräte bundesweit zusammengeschlossen und für die bundesweit 4 000 Beschäftigten der Modekette einen Tarifvertrag gefordert und durchgesetzt. Es gibt dadurch höhere Zuschläge und Eingruppierungen, günstigere Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen - rechtsverbindlich für alle. Stolz ist der Betriebsrat auf den Erfolg, dass die Befristung der Arbeitsverträge von Neueingestellten nur noch für ein Jahr erfolgt, statt wie früher und in der Branche üblich für zwei Jahre.

Wenn Babagana noch einen Wunsch frei hätte, würde sie sich kürzere Öffnungszeiten wünschen: "Wenn der Laden um 20 Uhr schließt, bedeutet das für uns noch nicht Feierabend. Der ist dann um 20 Uhr 45." Sie meint, es werde bei der Diskussion um längere Öffnungszeiten zu wenig an die Beschäftigten gedacht: "Die Menschen im Handel haben auch Privatleben und Familie. Nach einer Samstags-Spätschicht ist man sowieso kaputt, dann ist der Sonntag für Freund oder Familie auch futsch."