In vielen bundesdeutschen Hochschulen rosten Rohre, Schimmel blüht an den Wänden und Putz fällt von der Decke. Aber nicht nur die Bausubstanz etlicher Gebäude ist marode. Auch viele andere Dinge liegen in den sogenannten Elfenbeintürmen von Bildung und Wissenschaft im Argen. Unsere Hochschulen sind chronisch unterfinanziert, und die Politik doktort seit Jahren ohne Wirkung daran herum. Das Lehrpersonal muss immer mehr Studierende gleichzeitig betreuen, sieht sich aber kaum noch dazu in der Lage. Und so, wie viele Studierende ihr Studium durch Nebenjobs finanzieren müssen, arbeitet der Großteil des wissenschaftlichen Personals wegen Zeit- und Kettenverträgen auf extrem prekärer Basis. Der Hintergrund zu einer Großbaustelle

In vielen bundesdeutschen Hochschulen rosten Rohre, Schimmel blüht an den Wänden und Putz fällt von der Decke. Aber nicht nur die Bausubstanz etlicher Gebäude ist marode. Auch viele andere Dinge liegen in den sogenannten Elfenbeintürmen von Bildung und Wissenschaft im Argen. Unsere Hochschulen sind chronisch unterfinanziert, und die Politik doktort seit Jahren ohne Wirkung daran herum. Das Lehrpersonal muss immer mehr Studierende gleichzeitig betreuen, sieht sich aber kaum noch dazu in der Lage. Und so, wie viele Studierende ihr Studium durch Nebenjobs finanzieren müssen, arbeitet der Großteil des wissenschaftlichen Personals wegen Zeit- und Kettenverträgen auf extrem prekärer Basis. Der Hintergrund zu einer Großbaustelle

Große Koalition – kleine Reformen

Bildung gilt offiziell als Top-Thema - Angela Merkel hat sogar persönlich die "Bildungsrepublik Deutschland" ausgerufen. Die Fakten sprechen freilich eine andere Sprache. Nur 5,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gibt Deutschland hierfür aus, deutlich weniger als Frankreich, England, die USA und die skandinavischen Länder. Kurz vor der Sommerpause hat der Wissenschaftsrat eindringlich gewarnt, dass Deutschland ohne grundlegende Verbesserungen die besten Nachwuchskräfte verlieren werde.

Immerhin will die Große Koalition im Hochschulbereich jetzt eine absurde Regelung kippen, die sie in der vorletzten Legislaturperiode beschlossen hatte. Seit der Föderalismusreform von 2006 ist es dem Bund verboten, die Länder bei der Finanzierung der Bildung auf Dauer zu unterstützen. Lediglich über befristete Sonderprogramme wie die Exzellenzinitiative, den Hochschulpakt oder Gutscheine für Flötenunterricht von Hartz-IV-Kindern durfte er Geld bereitstellen. Die Bundes-SPD wollte diese Grund- gesetzregelung am liebsten für den gesamten Bildungsbereich abschaffen, ihr Regierungspartner und viele Landes- regierungen sind aber nur bei den Hochschulen dazu bereit.

Die Bundesregierung plant nun, die Verfassung dahingehend zu ändern, dass sich der Bund künftig "in Fällen überregionaler Bedeutung" finanziell unmittelbar an der Hochschulbildung beteiligen darf - allerdings in der Regel nur dann, wenn alle Länder zustimmen. Das eröffnet ein weites Feld für einen intensiven Kuhhandel. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, CDU, wedelt mit einem 6-Milliarden-Euro-Geldbündel und will darüber hinaus künftig auch den BaföG-Anteil der Länder übernehmen. Ob die Grünen bei alledem mitspielen, ist zudem noch unklar: Für eine Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat erforderlich - und über die verfügt die Große Koalition im Ländergremium nicht.

"Der Graben in der Hochschullandschaft droht noch tiefer zu werden: Hier ein paar gut ausgestattete Leuchttürme - da vernachlässigte Massenhochschulen, die ausschließlich für die Lehre zuständig sind."

Klaus Böhme, Bundesvorsitzender des ver.di-Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung

Klaus Böhme, Bundesvorsitzender des ver.di-Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung, begrüßt die Pläne der Bundesregierung - auch wenn er es falsch findet, dass sich das Ende des Kooperationsverbots nur auf Hochschulen und nicht auf sämtliche Bildungsbereiche beziehen soll. Auch warnt er davor, das Geld aus der Bundeskasse vor allem für Spitzenleistung auszugeben statt für die Grund- finanzierung. "Der Graben in der Hochschullandschaft droht noch tiefer zu werden: Hier ein paar gut ausgestattete Leuchttürme - da vernachlässigte Massenhochschulen, die ausschließlich für die Lehre zuständig sind."

Bundesbildungsministerin Wanka hat bereits angekündigt, dass sie die Exzellenzinitiative und den Hochschulpakt längerfristig fortführen will. In den vergangenen Jahren hatten sich einige Hochschulen bereits zu zwei Klüngeln namens U 15 und TU9 zusammengeschlossen und intensive Lobbyarbeit betrieben. Mit der Behauptung, "groß und forschungsstark" zu sein, gelang es ihnen, einen erheblichen Teil des Geldes aus den Sonderprogrammen des Bundes in ihre Kassen zu lenken.

Zugleich wächst die Bedeutung von Drittmitteln für die Hochschulen seit Jahren - und damit auch der Einfluss der Wirtschaft auf das, woran dort geforscht wird. Erst Anfang Juli war bekannt geworden, dass die Rüstungsforschung in den vergangenen vier Jahren um insgesamt 70 Prozent zugenommen hat.

Von wegen Chancengleichheit

Seit Jahren trommelt die Politik dafür, dass mehr Menschen studieren, und plädiert für lebenslanges Lernen. Tatsächlich schreiben sich seit 2011 deutlich mehr als die Hälfte der jungen Leute an einer Hochschule ein. Trotzdem wird die Studierendenschaft nicht heterogener:

77 Prozent des Nachwuchses aus Akademikerfamilien landen im Hörsaal, aber nur 23 Prozent der Menschen, deren Eltern nicht studiert haben.

Das Durchschnittsalter der Studierenden ist in den vergangenen Jahren aufgrund der verkürzten Schulzeit sogar gesunken - allen Forderungen zum Trotz, dass auch Universitäten zu Orten des lebenslangen Lernens werden müssten. Gerade einmal zwei Prozent der Kommilitonen haben kein Abitur, und auch wer neben der Arbeit für einen akademischen Abschluss büffeln will, hat es schwer:

Von den fast 15 000 Studiengängen können nur 700 berufsbegleitend absolviert werden.

"Der Graben in der Hochschullandschaft droht noch tiefer zu werden: Hier ein paar gut ausgestattete Leuchttürme - da vernachlässigte Massenhochschulen, die ausschließlich für die Lehre zuständig sind."

Klaus Böhme, Bundesvorsitzender des ver.di-Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung

Von wegen Chancengleichheit

Seit Jahren trommelt die Politik dafür, dass mehr Menschen studieren, und plädiert für lebenslanges Lernen. Tatsächlich schreiben sich seit 2011 deutlich mehr als die Hälfte der jungen Leute an einer Hochschule ein. Trotzdem wird die Studierendenschaft nicht heterogener:

77 Prozent des Nachwuchses aus Akademikerfamilien landen im Hörsaal, aber nur 23 Prozent der Menschen, deren Eltern nicht studiert haben.

Das Durchschnittsalter der Studierenden ist in den vergangenen Jahren aufgrund der verkürzten Schulzeit sogar gesunken - allen Forderungen zum Trotz, dass auch Universitäten zu Orten des lebenslangen Lernens werden müssten. Gerade einmal zwei Prozent der Kommilitonen haben kein Abitur, und auch wer neben der Arbeit für einen akademischen Abschluss büffeln will, hat es schwer:

Von den fast 15 000 Studiengängen können nur 700 berufsbegleitend absolviert werden.