Ausgabe 08/2014
Der Bus muss bezahlbar bleiben
27 Millionen Fahrgäste nutzen täglich den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Dadurch entfallen jeden Tag rund 18 Millionen Autofahrten. Doch wer häufig Busse und Bahnen nutzt, weiß, in welch schlechtem Zustand viele Trassen, Tunnel und Bahnhöfe sind. Auch dem Fuhrpark sieht man sein Alter oft deutlich an. Viele Verkehrsleitsysteme und Anlagen stammen aus den 1980er Jahren und müssten dringen erneuert werden. Schon heute beträgt der Nachholbedarf 2,5 Milliarden Euro, die Summe wird jedoch von Jahr zu Jahr größer.
In dieser Situation spricht das Bundesfinanzministerium davon, dass es ab 2019 keine Zuschüsse mehr für die Infrastruktur des kommunalen ÖPNV geben soll. Sollte es bei diesem Vorhaben bleiben, drohen massive Einschränkungen. "Wenn nicht bald etwas passiert, können Busse und Bahnen wegen des maroden und katastrophalen Zustands der Infrastruktur die Depots nicht mehr verlassen", sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Zur Zeit sei es so, dass sich der ÖPNV nur zu 50 Prozent aus Fahrgeldeinnahmen finanziert. Der Rest werde durch die öffentliche Hand subventioniert, damit die Nutzung von Bussen und Bahnen bezahlbar bleibe. "Sollten die Bundeszuschüsse gestrichen werden, müssten die Kommunen auch sämtliche Investitionen in den ÖPNV allein tragen", so Behle weiter. Sie befürchtet, dass die Streichung der Bundeszuschüsse das Aus für weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs bedeuten könnte.
Bei der Summe, die zur Streichung ansteht, handelt es sich um gut 1,3 Milliarden Euro an sogenannten Entflechtungsmitteln. Sie wurden im Jahr 2007 eingeführt. Im Rahmen der Föderalismusreform I wurden damit Finanzhilfen ersetzt, mit denen der Bund bis zu diesem Zeitpunkt Verkehrsprojekte der Gemeinden unterstützt hatte. Allerdings wird mit den Entflechtungsmitteln nicht nur der ÖPNV unterstützt, sondern auch alle anderen Verkehrsträger wie Straßen, Radwege, Wasserstraßen oder der Schienenverkehr. Wie die Mittel eingesetzt werden, entscheiden die einzelnen Länder selbst; im Durchschnitt haben sie rund 40 Prozent für den öffentlichen Nahverkehr auf Schiene und Straße reserviert.
Zuschuss ohne Dynamik
Im November hat ver.di bundesweit bei verschiedenen Aktionen Beschäftigte wie Fahrgäste über eine Kürzung bzw. den Wegfall der Entflechtungsmittel informiert. Bei einer weiteren finanziellen Säule des ÖPNV begrüßt ver.di eine Initiative der Länderminister. Dabei geht es um die Regionalisierungsmittel, die der Bund seit der Privatisierung der Bahn den Ländern zur Verfügung stellt, damit sie den Betrieb des Regionalverkehrs bestellen und bezahlen können. Hier hatte sich die schwarz-rote Regierungskoalition bei den Beratungen des Haushalts für 2015 darauf verständigt, sie auf 7,3 Milliarden Euro zu begrenzen, ohne Dynamisierung. "Angesichts steigender Kosten im Nahverkehr nimmt der Bund bewusst Angebotskürzungen in Kauf", sagt Behle. Die Mittel reichten aber bereits heute nicht aus.
Die Ende November von Schleswig- Holstein als Gesetzentwurf eingebrachte einstimmige Position der Länder schreibt eine Erhöhung auf 8,5 Milliarden Euro ebenso fest wie eine jährlich Dynamisierung um zwei Prozent und die Neuregelung des Verteilerschlüssels. "Der Vorstoß der Länder ist richtig: Die Mittel müssen erheblich aufgestockt werden, andernfalls drohen empfindliche Einschränkungen im öffentlichen Personennahverkehr", sagte Behle zur Initiative der Länderminister.