Und immer im Kreis herum - Mann an Maschine in Rio de Janeiro

In Indien wird Wäsche noch mit der Hand gewaschen, anschließend in einem von Hand betriebenen Trockner geschleudert und zu guter Letzt zum Resttrocknen in die Sonne gehängt. In knapp zwei Minuten erzählt ein kurzer Film in der Berliner Ausstellung Eine Einstellung zur Arbeit den immer wiederkehrenden Arbeitsablauf in einer indischen Wäscherei. In Deutschland wirft die Kamera unter anderem einen Blick auf ein Krematorium für Tiere. In einem Raum ohne Fenster bettet ein Mann eine tote schwarze Katze auf eine rote Decke auf einem Metallschieber. Er deckt sie mit einer weiteren roten Decke zu, begibt sich an sein Schaltpult hinter dem Schieber und befördertden leblosen Körper per Knopfdruck in die Flammen des sich öffnenden Ofens.

Ein Quilt aus bewegten Bildern

Wenn man die 15 Bildschirme dieser Ausstellung sämtlich gesichtet hat, ist man in 15 verschiedenen Städten der Welt an ungefähr 90 unterschiedlichen Arbeitsstätten gewesen. Und sieht vor allem eins: Menschen, die Arbeiten leisten, die gemacht werden müssen. Es geht in dieser Ausstellung allerdings gar nicht so sehr um die innere Einstellung, die diese Menschen zu ihrer Arbeit haben. Vielmehr ist es das Konzept der kurzen Filme, mit nur einer einzigen Einstellung der Kamera ein Kaleidoskop vom Arbeiten einzufangen. Harun Farocki, der diese Kunstarbeit seit 2011 mit der Künstlerin Antje Ehmann aus Workshops zusammengestellt hat wie eine Art Quilt aus bewegten Bildern, hat sich in seiner Kunst immer wieder mit dem Thema Arbeit auseinandergesetzt. Es hat ihn stets die Frage umgetrieben, wie man die offensichtlichen Missverhältnisse von Arbeit, Bezahlung und gesellschaftlicher Anerkennung plakativ und kunstfertig in Filme übersetzen kann. Bis zuletzt hat er an dieser Einstellung gearbeitet. Das fertige Werk konnte er nicht mehr betrachten, er verstarb im Juli 2014 sozusagen mitten in der Arbeit.

Die Ausstellung hat aber nicht nur den Machern Arbeit gemacht, sie verlangt auch den Besucher/innen ein wenig Arbeit ab. Vor allem Beinarbeit. Es gibt mit Absicht keine Sitzmöglichkeiten vor den kreuz und quer hängenden Bildschirmen. Man soll sich bewusst auf Augenhöhe mit den Arbeitenden begeben. Das ist teils anstrengend, aber kein bisschen ermüdend. Und hinter dem großen Vorhang des Hauptausstellungsraums kann man dann noch einmal an 15 Filmen aus den 15 Städten vorbeilaufen und mit den dort arbeitenden Menschen Feierabend machen. In diesen Bildern verlassen sie ihre Fabrik, ihr Büro, ihren Arbeitsplatz.

Statt eines Katalogs gibt es zur Ausstellung eine Zeitung, für die weitere Künstler Piktogramme entworfen haben, anhand derer man für jede Stadt erfährt, wie viele Einwohner sie hat, wie hoch ihr Bruttosozialprodukt ist, das durchschnittliche Einkommen, die Lebenshaltungskosten, wie viele Arbeitslose es gibt, wie viele informell Beschäftigte, wie viele Beschäftigte mit Migrationshintergrund, wie viele Streiks, wie viele organisierte Arbeiter/innen und je nach Stadt ein individuelles Kriterium wie zum Beispiel die Anzahl der Touristen. So erfährt man dann auch, dass Indien weltweit die meisten Erwerbstätigen hat, aber zugleich auch die meisten in ungesicherten Arbeitsverhältnissen, auch im sogenannten informellen Sektor.

Dass die Gewerkschaften Mitglieder und Einfluss verlieren - das scheint allerorts ein großes Problem zu sein. Es bedarf dann eben doch auch einer inneren Einstellung: Arbeiter/innen aller Welt vereinigt euch. Petra Welzel

"Eine Einstellung zur Arbeit", Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Berlin, bis 6. April 2015, Mi-Mo 11-19 Uhr

Die eigene Einstellung zur Arbeit

In einem Workshop für Erwachsene bietet das Haus der Kulturen der Welt die Möglichkeit, selbst zur Kamera zu greifen. Angeregt von der Ausstellung, erlernen die Teilnehmenden Grundtechniken filmischer Erzählung und Bildgestaltung. Es wird mit Handys und Digitalkameras an verschiedenen Arbeitsplätzen gedreht. Mit dem Ziel, mit nur einer Einstellung einen Arbeitsablauf einzufangen.

Termine: Sa 21.3./So 22.3. und Sa 28.3./So 29.3., jeweils 11-16 Uhr, Anmeldung unter education@hkw.de

www.hkw.de