Die Arbeitswelt verändert sich ständig, meist nicht unbedingt zum Besseren. Aber manchmal eben doch. Sechs Menschen, sechs Arbeitsleben, sechs Meinungen

Andrea R.

Andrea R., Immobilienkauffrau, 44: Mehr Arbeit. Das ist die wichtigste Veränderung. Es wird mehr Arbeit, und es werden weniger Kollegen. Vor zehn Jahren gab es zum Beispiel auch noch Urlaubsgeld. Das fällt heute weg.


Stephan K.

Stephan K., Oberbrandrat Feuerwehr, 54: Ich bin seit 27 Jahren bei der Feuerwehr, und die Arbeit ist sicherer geworden. Durch die Ausrüstung und Technik und durch die Taktik. Wenn wir jetzt ins Feuer reingehen, haben wir bessere Schutzkleidung als noch vor 25 Jahren. Der Schutz in den Gebäuden ist besser geworden, und die Technik der Fahrzeuge hat sich enorm gesteigert. Und das Thema Einsatznachsorge, der Umgang mit schwierigen Situationen - das ist besser geworden. Da war man früher in einzelnen Bereichen auf sich allein gestellt.


Rita Graciela W.

Rita Graciela W., Journalistin, 49: Ich bin Journalistin, also eine Kreative, ich organisiere Frauenreisen. Die wichtigste Veränderung war für mich, dass ich auf ein Konzept umgestellt habe, bei dem ich Menschen mit wesentlichen Dingen zusammenbringe. Diese Arbeit ist in dieser Form nur mit Hilfe des schnellen Internets und der verbesserten Erreichbarkeit möglich. Aber ich finde auch, dass der Journalismus käuflich geworden ist, und das hätte er nie werden dürfen. Denn die wahre Aufgabe des Journalismus ist es, Menschen zu informieren - und das möglichst neutral. Das ist mittlerweile so stark eingefärbt, dass man wirklich darauf achten muss, welche Information man hat, von wem beziehungsweise woher sie kommt und wie ich mit dieser Information umgehe. Diese Entwicklung bedauere ich sehr.


Renate L. und Sigi J.

Renate L., Verkäuferin, 53: Der Stress wird immer mehr, die Arbeitszeiten werden immer länger. Früher hat man ja am Samstag spätestens um 14 Uhr Schluss gehabt, jetzt geht's bis 20 Uhr. Dazu gibt ́s immer mehr Vorschriften, früher hat man wenigstens noch ein bisschen Gaudi machen können, auch mit den Kunden. Heute sollen wir am besten nur noch schnell abkassieren und tschüss ... Heute darf man sich nichts mehr erlauben, keinen Fehler mehr machen, sonst bist du weg vom Fenster. Es ist ein jeder ersetzbar, egal ob du 30 Jahre Erfahrung hast oder gar keine.

Sigi J., Lkw-Fahrer, 60: Von früher zu heute, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich fahr' seit 40 Jahren Lkw, und heute gibt es so viele Vorschriften. Du kannst dir nichts mehr erlauben. Gar nichts. Jeder Meter, jede Minute kann ja ganz genau nachvollzogen und überwacht werden. Früher war alles viel lockerer, heute ist die Arbeit viel stressiger. Der Chef verlangt immer mehr und immer mehr und immer mehr ... Machen musst du's, denn wenn du's nicht machst, bist du arbeitslos.


Burkhard N.

Burkhard N., IT-Administrator in Rente, 60: Heutzutage ist man ja alle fünf Jahre in einem neuen Job, aber ich gehöre noch zu der Generation, wo man sein Leben lang in einem Job gearbeitet hat. Daher war die wichtigste Veränderung, dass ich jetzt nicht mehr zu arbeiten brauche. Aber der Bereich, in dem ich gearbeitet habe, hat sich natürlich wahnsinnig geändert, besonders über die Wendezeit. Der Wandel in der IT geht so schnell, dass man nach fünf Jahren raus ist, wenn nicht in die Weiterbildung investiert wird. Früher war es zum Beispiel üblich, dass man sein Wissen an die Kollegen weitergibt. Heute hält jeder mit seinem Wissen zurück, das ist ein anderes Konkurrenzdenken.

Umfrage: Maren Skambraks, Fotos: Haik Büchsenschuss


Würde des Alters

Nicht alles war früher besser. Manches war so unerträglich, dass kaum einer wagte, davon zu erzählen. Dabei ist es von zunehmender Bedeutung, alles zu erinnern, denn die Zeugen der Nazizeit werden immer weniger. Philip Meinhold hat sich mit der Erinnerung seiner Familie auseinandergesetzt und ein berührendes Buch über einen Familienausflug nach Auschwitz geschrieben. Wir dokumentieren Auszüge daraus auf den Seiten G4 und G5. Was in Zukunft besser werden soll, ist die Altersvorsorge, die Niederlande machen es vor - S. G3. Wie Pflege richtig finanziert werden kann, erfahren Sie auf der Seite G2 der neuen "Generationen", Ihrem Spezial für Jung und Alt. Jenny Mansch