„Das Wunder von Hörste“ – so lautete 2004 der Titel eines beeindruckenden „Bilderlesebuchs“ über die die bis dahin 50-jährige Geschichte des ostwestfälischen ver.di-Bildungszentrums in Lage-Hörste. Allein die Entstehung des Hauses – überwiegend in Eigenleistung der Buchdrucker aus der Region –, aber auch das mehrfache Überleben von Schließungsabsichten wurden demnach als Wunder empfunden. Nach heutiger Lage der Dinge müsste ein neues Wunder geschehen, wenn das traditionsreiche Heinrich-Hansen-Haus über den 31. Dezember 2015 hinaus als Heimstatt gewerkschaftlicher und politischer Bildungsarbeit existieren sollte. Denn der ver.di-Gewerkschaftsrat hat Mitte Mai einen Beschluss vom März bekräftigt, der die Schließung besiegelt.

Zum Hintergrund: Eine Feuerwehrübung hatte - nach Behördenansicht - voriges Jahr gezeigt, dass der Brandschutz des Hauses nicht ausreicht. Um das "Institut für Bildung, Medien und Kunst" weiter in Hörste betreiben zu können, hieß es, müsste ver.di 4,5 Millionen investieren - viel Geld, das der Gewerkschaftsetat nach Auffassung des ver.di-Bundesvorstands nicht hergibt. Der Gewerkschaftsrat räumte im März 2015 nach vierstündiger Diskussion allerdings den engagierten Beschäftigten, Freunden und Förderern die Chance ein, mit einem eigenen, schlüssigen Konzept die Finanzierungslücke von 1,5 Millionen Euro zu stopfen und so die Schließung der Bildungsstätte abzuwenden.

Erfolglos trotz hoher Spenden

Diese Chance war der Zündfunke für zahlreiche Aktivitäten zur Rettung der Bildungsstätte. Die ver.di-Branchenzeitung DRUCK+PAPIER berichtet auf www.drupa.verdi.de: "Tausende protestieren, schreiben Briefe, beschließen Anträge. In Windeseile wird ein Verein gegründet, auf dessen Konto rund 200.000 Euro eingehen. Es gibt ein Solidaritätsfest, Demonstrationen und viele Gespräche, um Geld einzutreiben. ‚Wir waren acht Wochen unentwegt im Einsatz‘, sagt Holger Menze, der ehemalige Leiter von Hörste. ‚Noch nie hat es so viel Engagement und Kreativität von so vielen Menschen gegeben, die Zeit, Geld und Ideen investierten‘, bestätigt Willi Vogt, Landesfachbereichsleiter Medien in Nordrhein-Westfalen."

Allen Anstrengungen des Vereins "Wir retten Hörste" zum Trotz blieb der Gewerkschaftsrat im Mai bei seiner Entscheidung. Die Spenden und weitere Vorschläge des Vereins für Kostensenkungen und Ertragsverbesserungen im Gesamtwert von 980.000 Euro konnten das oberste ver.di-Gremium nicht umstimmen. ver.di-Vize Frank Werneke erklärte, die umfassende Verbesserung des Brandschutzes könne nicht verschoben oder abgespeckt werden. Möglichkeiten, das Geld aus dem Streikfonds oder anderen Haushaltstiteln zu nehmen, lehnte der Gewerkschaftsrat ab.

Dass ihnen der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske bestätigte, es gehe um "viel Liebe, viel Leidenschaft und viel Tradition", vermochte die aktiven Hörste-Retter/innen nicht zu trösten: "Abgekämpft, enttäuscht und mit großem Zorn" habe der Verein die Entscheidung zur Kenntnis genommen, schreibt er auf seiner Website http://wir-retten-hoerste.de. Das Verhalten von ver.di wiederspreche dem Grundgedanken der Gewerkschaft, Probleme offen, solidarisch und gemeinsam zu lösen. Der Verein will noch andere Möglichkeiten zu einer Rettung ausloten. Wunder gibt es bekanntlich immer wieder.