Hartz IV kommt erneut vor das Bundesverfassungsgericht. Diesmal geht es um die Frage, ob Strafmaßnahmen gegen Hartz-IV-Bezieher/innen - also Kürzungen ihres ohnehin kaum existenzsichernden "Arbeitslosengeldes II" - gegen das Grundgesetz verstoßen. Das Sozialgericht Gotha sieht es jedenfalls so und hat im Mai den Karlsruher Richtern diese Frage zur Prüfung vorlegt.

Die 15. Kammer des thüringischen Gerichts hält die Sanktionen für nicht vereinbar mit dem Grundgedanken, dass das Arbeitslosengeld II nur das Existenzminimum absichere. Demnach verstoßen die im Sozialgesetzbuch II festgeschriebenen Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter gegen mehrere Artikel des Grundgesetzes.

Die Richter/innen hatten über einen Fall zu entscheiden, in dem das Jobcenter Erfurt einem Hartz-IV-Bezieher die monatliche Leistung in zwei Schritten um 234,60 Euro gekürzt hatte, 60 Prozent des Regelsatzes. Begründung: Der Kläger sei wiederholt seiner "Mitwirkungspflicht" nicht nachgekommen. Dagegen erhob dieser Klage beim Sozialgericht Gotha

Gefahr für Leib und Leben

Die Sanktionen verstoßen nach Ansicht der Thüringer Richter/innen gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes und gegen die im Artikel 20 festgeschriebene Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesen Vorschriften ergebe sich das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das bei einer Kürzung oder kompletten Streichung des Arbeitslosengeldes II gefährdet sei. Außerdem stünden die Sanktionen im Widerspruch zu den Artikeln 2 und 12 des Grundgesetzes, weil sie die Gesundheit oder gar das Leben des Betroffenen gefährden könnten. Auch sei die Berufsfreiheit gefährdet.

hem

Aktenzeichen: S 15 AS 5157/14


Widerspruch einlegen

Wer von Kürzungen beim Arbeitslosengeld II betroffen ist, sollte gegen Sanktionsbescheide des Jobcenters Widerspruch einlegen. Dabei sollten sich die Betroffenen auf den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 26. Mai 2015 berufen und dessen Aktenzeichen angeben. So können sie später von einer positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts profitieren.

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