Das Rennspiel Mario Kart ist nicht nur für die Jugend. Vor allem im Alter fördert es Feinmotorik, schnelle Reaktion und einen gesunden Wettbewerb

Titelfigur Mario hat einen Führerschein, den er im Alter nicht abgeben muss

"In dem Alter, und dann noch zocken, das ist aber schon ein bisschen komisch, oder?", musste ich mir neulich von einem Dreißigjährigen hinterherrufen lassen und war empört. Ja, auch mit Mitte 50 kann es einen noch erwischen. Ich gebe zu, die Nintendo-Spielkonsole WII hatte immer nur die Tochter benutzt. Mit acht bewirtschaftete sie ihre virtuelle Farm, spielte Tennis oder eben mit Freunden Mario Kart. Und Mutter hatte eine halbe Stunde Ruhe im Karton. Ein wunderbares Spiel.

Mittlerweile ist die Tochter groß, ihre Farm bewirtschaftet sie mit dem Smartphone. Dafür spielt jetzt Muttern Mario Kart. Und das nächtelang, wenn man sie nicht stoppt. Dabei geht es bei dem Rennspiel lediglich darum, wer der oder die Schnellste ist. Ganz simpel. Strategie, Taktik oder gar Intelligenz - völlig egal. Wichtig ist, wer mit seinem Gefährt schneller über die vielen entzückend bunten Rennstrecken fahren kann als die anderen. Dennoch sind mit einem Mal alle Sinne gefordert. Koordination ist gefragt. Und mit dem unerwartet nagenden Ehrgeiz muss man auch erstmal fertig werden.

Inzwischen gibt es die Konsole WII U, selbst in einigen Seniorenheimen ist sie im Einsatz. 32 Strecken können mit maximal vier Personen gefahren werden, man steuert entweder mit der Display-Konsole oder einem weiteren Controller. Mit der rechten Hand wird Gas gegeben, gesteuert und gedriftet wird mit der linken. Die hat zudem noch die Aufgabe, fiese Wurfgeschosse auf den Gegner abzufeuern oder sich selbst einen Schubs zu geben. Der Hirnforschung zufolge trainiere ich während eines zünftigen Mario Kart-Cups also mit links mein rationales Denken und die Analysefähigkeit, während ich mit rechts meine Intuition, Kreativität und Gefühle befeuere. Es ist Gehirnjogging mit den Händen.

Allerdings ist es anfangs recht aufreibend. Meine Gegner: zwei Vierzigjährige, die mit der Konsole in der Hand geboren wurden. Meine Spielfigur: Donkey Kong, ein stämmiger Affe auf einem Motorrad. Die meisten Spieler wählen ein Auto; aller guten Ratschläge zum Trotz bleibe ich bei meinem Master Cycle mit Leaf Tyres. Zunächst irrt mein Affe auf dem Mario Circuit orientierungslos umher, stößt an Wände, rutscht auf Bananenschalen aus und kommt überhaupt nicht klar. Sogenannte Items fliegen ihm um die Ohren und behindern seine Fahrt. Mein Puls rast, ich sitze aufrecht, es ist wahnsinnig aufregend. Meine Gegner fläzen in den Sesseln und sehen völlig gelassen aus.

Im Vergleich zum Vorgänger hat Mario Kart 8 mehr Fahrzeuge, die Auswahl an unterschiedlichen Reifentypen und diversen Segeln zum Fliegen ist neu. Einige der Strecken, so wie der grummelnde Vulkan, die Regenbogenstraße oder die Kuhweide, hat man in optisch simplerer Form ebenfalls in guter Erinnerung. 16 Strecken aber sind ganz neu, teilweise gehen sie über Kopf, unter Wasser, es gibt Gravitationsreifen, es knallt, heult und zischt und geht optisch wie akustisch ganz schön rund.

Inzwischen bin ich eine passable Mario Kart-Fahrerin. Geübt putze ich meine Gegner von der Platte, einige Cups sind sogar schon gewonnen. Schnell gewöhnen sich das Gehirn und seine Steuerung an die komplexen Aufgaben, die Strecken üben sich ein, und die Herausforderung weicht der Entspannung. Nach einem harten Tag oder in Momenten großer Aufwühlung gibt es nichts Beruhigenderes, als ein kurzes Rennen einzulegen, vom dem man ganz sicher weiß: Einer wird gewinnen. Und zwar hoffentlich ich.

Jenny Mansch

Mario Kart 8 (Standard Edition) für die Plattform WII U von Nintendo, ca. 43 €