Heike Langenberg ist Redakteurin der ver.di publik

Er ist noch nicht offiziell erschienen, aber schon wird über den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung heftig diskutiert. Das ist auch eines der Ziele, das mit einer solchen Veröffentlichung erreicht werden soll. Der Bericht will den Blick lenken auf die ungleiche Verteilung von Armut und Reichtum in diesem Land - und es sollten Konsequenzen daraus gezogen werden. Meistens rücken aber bei der Veröffentlichung Verfahrensfragen in den Mittelpunkt und der je nach Interessenlage unterschiedliche Blick auf die Ergebnisse.

Vor vier Jahren sorgte für Aufsehen, dass auf Veranlassung der damals noch mitregierenden FDP alles gestrichen wurde, was auf die zunehmende soziale Polarisierung im Land hindeutete. Die Mittelschicht sollte gar nicht erst auf die Idee kommen, dass auch sie von den Folgen der wachsenden Prekarisierung des Arbeitsmarkts betroffen sein könnte.

In diesem Jahr sollte ein Fokus des Berichts auf der Erforschung des Reichtums liegen. Selbst Bundesozialministerin Andreas Nahles, SPD, hatte zugegeben, dass die bisherigen Berichte eher Armutsberichte gewesen seien. Ein Ergebnis in diesem Jahr war, dass die unteren Einkommensschichten überwiegend nicht mehr zur Wahl gehen. Dadurch wächst der Einfluss der Vermögenden auf politische Entscheidungen. Von einer "Krise der politischen Repräsentanz" sprach der mit diesem Forschungsteil beauftragte Osnabrücker Soziologe Armin Schäfer.

Eine weitere Folge ist, dass das Parlament überwiegend beschließt, was Besserverdienende wollen, während die Interessen von Geringverdienenden unter den Tisch fallen. Doch zu lesen sein wird davon in dem offiziellen Bericht wohl nur eine entschärfte Fassung. Dieser Vorgang zeigt einmal mehr, wie wichtig es wäre, sich ernsthaft und vor allem im Interesse der Betroffenen mit dem Bericht auseinanderzusetzen und endlich auch Konsequenzen daraus zu ziehen. Denn die Fakten bleiben, auch wenn man sie streicht.