Petra Welzel ist Redakteurin der ver.di publik

Schlimmer geht immer, das beweist erneut Amazon, wenn es um die Ausgestaltung der Arbeitsplätze in den deutschen Versandhandel-Standorten des Konzerns geht. Die Krankenstände unter den Beschäftigten liegen seit Jahren über dem deutschlandweiten Durchschnitt. Und das nicht, weil die Amazon-Beschäftigten gerne blau machten. Es sind die Arbeitsbedingungen, die sie krank machen. Auf Schritt und Tritt wird ihre Arbeit überwacht. Sind sie nicht schnell genug, zu spät aus der Pause zurückgekommen oder haben sie zu lange an einem Regal verweilt - alles wird per Handscanner mitgeschnitten und im schlimmsten Fall gegen die Beschäftigten verwendet. Hetze ist ihr großes Problem, und sie macht krank. Vor allem in den Sommermonaten, wenn sich in den Lagerhallen die Hitze bis zum Unerträglichen staut, sind Notfall-Krankenwagen vor den Amazon-Standorten keine Seltenheit.

Mit dem beginnenden Frühjahr und dem bevorstehenden Sommer hat Amazon nun eine Bonus-Regelung eingeführt, die den Krankenstand auf Null senken soll: Um zehn Prozent können Amazon-Beschäftigte ihren Bruttomonatslohn steigern, wenn sie sich im Laufe eines Monats nicht krank gemeldet haben. Aber: Nicht das einzelne Durchhaltevermögen ist entscheidend, sondern das des gesamten Teams, in dem man arbeitet. Also egal, wer sich krank meldet, es geht in jedem Fall zu Lasten der Kolleg/innen, die sich notfalls eben auch krank für den vollen Bonus durch die Arbeit schleppen. Wie gesagt, schlimmer geht immer.

Der neue Gruppen-Bonus zeigt nur einmal mehr, wie wichtig und dringend nötig ein Tarifvertrag ist, der alle Arbeitsbedingungen und -entgelte regelt. Seit 2014 streiken die Beschäftigten für einen solchen und geben nicht auf. Amazon hingegen betreibt ein gefährliches Spiel. Niemand kollabiert bei der Arbeit aus Jux und Dollerei. Und: Nicht jede/r überlebt einen Hitzschlag, erst recht nicht, wenn er oder sie schon krank zur Arbeit gekommen ist.