Gut aufgestellt: Vertreter/innen von ver.di und CCOO

Mitte März hat sich Tanja Hauch, die Bezirksvorsitzende von ver.di Frankfurt und Region, zu ihrer ersten Gewerkschaftsreise aufgemacht. Als Mitglied einer sechsköpfigen Delegation, allesamt Beschäftigte bei öffentlichen Dienstleistern, traf sie sich mit Kolleginnen und Kollegen der größten spanischen Gewerkschaft CCOO (Comisiones Obreras) in Kataloniens Metropole Barcelona.

Privatisierung auch in Spanien ein Problem

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken, war der Anspruch der Reise. Die Frankfurter wurden durch Betriebe geführt und nahmen an gewerkschaftlichen Konferenzen teil, und zwar in den Bereichen Nahverkehr, Gesundheitsversorgung, Flughafen und in der Wasserversorgung und -entsorgung. Es kristallisierte sich heraus, dass in beiden Ländern Privatisierungen in der öffentlichen Daseinsvorsorge ein großes Problem darstellen.

Die ver.di-Bezirksvorsitzende, die bei Mainova arbeitet, interessiert sich besonders für alles rund um das Thema Wasser. Die Wasserver- und -entsorgung ist in Spanien zu 49 Prozent privatisiert. Erst seit Beginn dieses Jahrhunderts existiert in Barcelona ein durchorganisiertes Abwassersystem mit neuen Kläranlagen. Zuvor diente das Mittelmeer als Auffangbecken. Mit dem Neuaufbau entstanden moderne Anlagen und für Teilbereiche attraktivere Arbeitsplätze. Die CCOO strebt eine komplett öffentliche Struktur wie in Deutschland an. Und so setzen sich beide Seiten auch weiterhin für das europäische Bürgerbegehren ein: "Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht. Wasser ist ein öffentliches Gut, keine Handelsware."

Nächstes Ziel: das Gesundheitswesen. Die Kliniken sind, mit Ausnahme der Universitätsklinik, durchweg privatisiert. Insgesamt ist das Sozialversicherungssystem nicht mit dem deutschen vergleichbar. Es gibt eine allgemeine Grundversorgung. Deren Niveau ist jedoch durch die Privatisierung abgesunken.

Dritte Station: Der öffentliche Nahverkehr wird in Barcelona grundsätzlich aus Steuermitteln finanziert. Bestrebungen zur Privatisierung gibt es zurzeit nicht. Aber auch hier gilt es, wachsam zu sein. Das kann für die deutschen Gewerkschafter/innen, die sich in teilprivatisierten Bereichen durchsetzen müssen, ein Beispiel sein.

Nicht gegeneinander ausspielen lassen

Rosi Haus, Geschäftsführerin von ver.di Frankfurt und Mitorganisatorin der Reise, zieht das Fazit: "Wir haben uns neugierig kennen und intensiv schätzen gelernt. Die jeweiligen Stärken in der Interessenvertretung liefern die Basis für eine Zusammenarbeit gerade im europäischen Kontext. Damit niemand uns gegeneinander ausspielen kann."


Die Vertretung der abhängig Beschäftigten in Spanien

In Spanien gibt es zwei große Gewerkschaftsorganisationen, die CCOO und die UGT. Sie sind in etwa gleich stark, arbeiten zusammen und haben einen großen Einfluss in den Betriebskomitees. Hinzu kommen regionale Verbände. Im Durchschnitt beträgt der gewerkschaftliche Organisationsgrad 20 Prozent. Nach dem spanischen Arbeitnehmerstatut von 1980 gibt es Betriebskomitees, die den deutschen Betriebsräten ähnlich sind. Ihre Größe und der Umfang der Freistellung für die Komiteearbeit richten sich nach der Beschäftigtenzahl, aber sie haben nicht die gleichen Rechte wie Betriebsräte - mit Ausnahme der Mitbestimmung bei betrieblichen Sozialfonds. Sie jedoch können an Tarifverhandlungen teilnehmen und zum Streik aufrufen.

Hinzu kommen Gewerkschaftssektionen nach dem Gesetz über die Gewerkschaftsfreiheit von 1985. Eine solche Sektion kann grundsätzlich in jedem Betrieb und von jeder Gewerkschaft gegründet werden. Besondere Rechte stehen ihr aber erst in Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten zu. Sie sind insofern nicht mit den deutschen Vertrauensleuten vergleichbar, als sie die gleichen Rechte wie die Betriebskomitees besitzen: also auch Kündigungsschutz, Freistellung bis zu 40 Stunden pro Monat und das Recht, zum Streik aufzurufen.