Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Mit spürbaren Folgen für die Beschäftigten: Körperliche Belastungen nehmen ab, Arbeitshetze und psychischer Druck nehmen deutlich zu. Wer seine Arbeit mitgestalten kann, leidet weniger unter den negativen Folgen der Digitalisierung. Das sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie zu "Digitalisierung und Arbeitsqualität" im Auftrag von ver.di auf Basis des DGB-Index Gute Arbeit 2016 für den Dienstleistungssektor.

Demnach sind mittlerweile 83 Prozent der Beschäftigten im Dienstleistungssektor von der Digitalisierung betroffen - zumeist bei der Kommunikation, gefolgt von der Arbeit mit elektronischen Geräten und von softwaregesteuerten Arbeitsabläufen. Von denen, die in hohem und sehr hohem Maße von Digitalisierung betroffen sind, findet fast jeder Zweite, die Arbeitsbelastung habe sich für ihn insgesamt erhöht. Das liegt an der wachsenden Arbeitsmenge, an mehr Arbeitshetze und Zeitdruck sowie erhöhtem Multitasking. Zudem haben Überwachung und Kontrolle der Arbeit zugenommen.

Wer mehr Einfluss hat, ist weniger gestresst

Die Studie zeigt aber auch: Wenn die Beschäftigten mehr Mitspracherechte bei der Arbeitsmenge und beim Technikeinsatz haben, sinken die Belastungen. "Die Sonderauswertung hat in aller Deutlichkeit gezeigt: Wer mehr Einfluss hat, insbesondere auch auf die Arbeitsmenge, leidet weniger unter Stress", sagt Nadine Müller, die beim ver.di-Bereich Innovation und Gute Arbeit für Digitalisierung zuständig ist. "Diejenigen, die ihre Arbeit selbstständig planen und einteilen können, geben zu einem geringeren Anteil an, sich häufig oder sehr häufig bei der Arbeit gehetzt zu fühlen."

Untersucht wurden der gesamte Dienstleistungssektor sowie die von ver.di betreuten Branchen Einzelhandel, Verkehr, Krankenhäuser, Energieversorgung, öffentliche Verwaltungen und Finanzdienstleistungen. Dabei zeigte sich auch, dass die Beschäftigten unterschiedlich belastet sind. Beispielsweise beklagen Beschäftigte in der Informations- und Kommunikationstechnikbranche besonders den Zeitdruck, während sich Beschäftigte in Banken mit einer hochgradig digitalisierten Arbeit vor allem um ihren Arbeitsplatz sorgen.

Den Wandel gestalten

Das Anliegen von ver.di sei es, den technischen Wandel so zu gestalten, dass er zu einem Mehr an guter Arbeit führe und nicht zu einem Wachstum von Arbeitsbelastungen und sozialen Verwerfungen, betont der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske im Vorwort der Studie. "Wenn 47 Prozent der Beschäftigten im Dienstleistungssektor, die in hohem oder sehr hohem Maße mit digitalen Mitteln arbeiten, dezidiert sagen, die Digitalisierung habe bei ihnen insgesamt zu einer Steigerung der Arbeitsbelastung geführt, und nur acht Prozent eine Verringerung erleben, dann läuft die Digitalisierung schief", so Bsirske. Entscheidend seien für gute Arbeit die Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten auf den Einsatz der digitalen Technik und auf die Arbeitsgestaltung, die durch ein Netz kollektiver Regelungen abzusichern sind.

Mehr Einfluss für die Beschäftigten fordert auch Lothar Schröder, ver.di-Bundesvorstandsmitglied. "Es ist offensichtlich, dass eine digitalisierte Arbeitswelt mit der Regulation von Arbeitszeitlänge und Arbeitszeitlage allein nicht wirksam human gestaltet werden kann", sagt er. "Wir brauchen Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitsmenge, und zwar bald." Die Anzahl der Menschen, die unter steigender Arbeitsmenge leiden, werde sonst zunehmen. Marion Lührung

Die Studie ist im Internet abrufbar unter: www.innovation-gute-arbeit.verdi.de/themen/digitale-arbeit