Ausgabe 04/2018
Die zwei Seiten eines Konzerns
Maria Kniesburges ist Chefredakteurin der ver.di publik
Da wird großzügig verteilt, allerdings nur in den oberen Rängen. Unten muss jeder Cent hart erkämpft werden. Gerade erst ist bekannt geworden, dass der Landesrechnungshof in Berlin dem landeseigenen Klinikkonzern Vivantes vorwirft, seine Führungskräfte über die Maßen mit Bonuszahlungen, üppigen Abfindungen und überhöhten Gehältern bedacht zu haben beziehungsweise zu bedenken. Einer der Manager etwa wurde zwei Jahre freigestellt, durfte aber seinen Dienstwagen behalten und bezog Sonderzahlungen – Gesamtwert: 350.000 Euro.
Und was außertariflich in den oberen Rängen heißen kann, zeigt auch dieser Fall, den der Rechnungshof bemängelt hat: Einem der Besserverdiener in dem Klinikkonzern sei sein ohnehin schon beträchtliches Jahresgehalt von 110.000 Euro binnen eines Jahres auf 140.000 Euro plus 40.000 Euro Bonus erhöht worden. Und so weiter.
Und nun zur anderen Seite des kommunalen Klinikkonzerns: 51 Tage, mehr als sechs Wochen mussten die Beschäftigten der Vivantes Service Gesellschaft in diesem Frühjahr streiken, um näher an das Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst heranzurücken, der für den Mutterkonzern gilt. Über die Jahre werden die Beschäftigten in den Tochterfirmen wie der Vivantes Service Gesellschaft GmbH miserabel und deutlich schlechter bezahlt als die Beschäftigten im Mutterkonzern – bei Lohndifferenzen zwischen 350 bis 800 Euro. Nach sechs Wochen hartem Arbeitskampf konnte ver.di mit Vivantes nun vereinbaren, dass die Löhne der Bechäftigten in der Service GmbH bis 2021 schrittweise auf etwa 90 Prozent des Tarifniveaus steigen.
Also weiter Lohnungleichheit – aber selbst dieses Ergebnis ist nur dem Durchhaltevermögen der streikenden Beschäftigten zu verdanken. Seitens der Konzernleitung war ihnen im Streik mit Polizei und Hausverbot gedroht worden. All das in einem landeseigenen Klinikkonzern. Der Sittenverfall in der schönen neuen Arbeitswelt hat eben System.