Ausgabe 04/2018
Im Flugmodus durch die Nacht
Vor allem die blauen Lichtstrahlen der Smartphones stören den Schlaf
Um es gleich vorweg zu sagen: Schlafstörungen hatte ich bislang nicht. Schlafmangel kommt eher vor, aber keine App wird dafür sorgen, dass ich früher ins Bett gehe oder morgens länger schlafen kann. Doch die – professionell begründete – Neugier siegte. Angeblich bringen Schlaf-Apps ja besseren Schlaf. Zumindest versprechen das die Anbieter der kleinen Handy-Programme.
Vor dem Schlafengehen wird die heruntergeladene App aktiviert, das angeschaltete Handy legt man dann ins oder direkt neben das Bett. Das ist für viele schon der erste Haken: Angeblich steigert die Verfügbarkeit des Geräts in unmittelbarer Nähe für viele das Bedürfnis, auch mitten in der Nacht noch mal schnell zu schauen, ob jemand geschrieben hat. Zudem sind die gesundheitlichen Gefahren der Handystrahlung am Bett noch wenig erforscht. Die Strahlung reduzieren kann man, indem man das Handy über Nacht in den Flugmodus setzt.
Zwischen Traum- und Tiefschlaf
Auch dann zeichnet die Schlaf-App Geräusche und / oder Bewegungen im Bett auf und analysiert auf dieser Basis das Schlafverhalten. Von den meisten der getesteten Apps bekommt man dazu am nächsten Morgen bunte Diagramme. Sie veranschaulichen, welche Zeit der Nacht man wach, im Leicht- und im Tiefschlaf verbracht hat.
Für mich waren das oft erstaunliche Erkenntnisse. In der heißen Frühsommernacht, in der ich gefühlt jede Viertelstunde wach geworden bin, habe ich angeblich 81 Prozent der Nacht in der Tiefschlafphase verbracht. Eine Nacht später, als der Körper nach meinem Empfinden den fehlenden Schlaf der Vornacht nachgeholt hat, habe ich angeblich mehr als eine Stunde lang wach gelegen – am Stück.„Diese Technik kann nicht unterscheiden zwischen Traum- und Tiefschlaf“, sagt der Berliner Schlafforscher Ingo Fietze. Die Apps seien allenfalls gut, um die Schlafzeit zu ermitteln oder die Schlafmenge zu protokollieren. 85 Prozent der Bettzeit zu schlafen und 7,5 Stunden Schlaf pro Nacht sind für Fietze gute Werte.
Mit einer App wie Snore Lab kann man Schlafgeräusche aufzeichnen. Sie zeigen, ob laute Umgebungsgeräusche zum Schlafmangel beitragen oder ob man schnarcht oder im Schlaf spricht. Auch diese Apps können nur einen ersten Eindruck verschaffen. Wer ernsthafte Probleme mit dem Schlafen hat, sollte diese in einem Schlaflabor abklären lassen, so Fietze. Hier werden deutlich mehr Parameter im Schlaf erhoben, sodass die Chance größer ist, der Ursache vom Schlafmangel auf die Spur zu kommen.
Alle getesteten Schlaf-Apps bieten auch die Möglichkeit, sich wecken zu lassen. Sie versprechen, dafür in einem ausgewählten Zeitfenster vor der Weckzeit eine Leichtschlafphase zu nutzen. Ein „Marketing-Gag“ sei das, so Fietze. Warum sollte man 20 Minuten eher wach werden, nur weil es gerade in die Schlafphase passt, fragt er.
Datensicherheit oft fraglich
Fazit: Ob die Schlaf-Apps einem einen persönlichen Nutzen bringen oder eher Spielerei sind, sollte jede/r für sich selbst entscheiden. Gleichwohl sollte man vor dem Einschlafen auch daran denken, dass die erfassten Daten irgendwo gespeichert werden. Eine Untersuchung der Medizinischen Hochschule Hannover zu „Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps“ aus dem Jahr 2016 bewertet die Datensicherheit als „oft fraglich“. „Die Masse an gesammelten Daten ist mit Gefahren und Risiken verbunden“, warnen die Forscher/innen.
Heike Langenberg Mitarbeit: Fanny Schmolke
Ausprobiert wurden die jeweils kostenlosen Versionen der Apps Sleep better, SnoreLab, Sleep Cycle, Pillow und SleepTimeFree, alle auf einem Apple-Handy unter dem Betriebssystem IOS 11.3.1. Es wurden keine Zusatzgeräte, sogenannte Wearables, verwendet.