Ausgabe 04/2018
Kurznachrichten
Von Pewe |Wie viel Bad braucht der Mensch?
Thermalbaden II – Dass Wasser ein Lebenselixier ist – ob innerlich oder äußerlich angewandt –, haben die Menschen schon früh erkannt. Die ältesten Darstellungen von schwimmenden Menschen sind 8.000 Jahre alt und befinden sich auf Wandmalereien in einer Höhle in der Sahara. Aus dem alten China sind Ritualbäder bekannt, aber erst die Ägypter entwickelten erste Ansätze eines Badewesens. Die Griechen haben es weiterentwickelt und das Schwimmen zu einer Wissenschaft erhoben. Dieses Wissen haben sich die Römer zu Eigen gemacht. Das erste Römische Bad entstand, das bis heute das Vorbild für Thermalbäder ist.
„Die sind damals ja auch schon gereist“, sagt Stefan Kannewischer, der seine Doktorarbeit über die Bäderkultur und -entwicklung geschrieben hat. Seine Familie betreibt heute mit den Thermalbädern in Bad Ems, Bad Kissingen und dem Friedrichsbad in Baden-Baden drei als Weltkulturerbe ausgezeichnete Bäder.
Kannewischers Vater ist einst wegen seines Asthmas von München nach Zug in die Schweizer Berge ausgewandert. Der Ingenieur hat für 250 Bäder in Deutschland und der Schweiz die Technik geplant. Inzwischen erstellt die Familie, wie für die Stadt München von 1991 bis 2010, auch Gesamtbäderkonzepte. Zwei Fragen stehen dabei immer im Mittelpunkt: Wie viel Bad braucht eine Stadt? Wie badet der Mensch?
Das hat sich über die Jahrtausende und Jahrhunderte immer wieder auch verändert. Seit 387 v. Chr. gab es eine Schwimmausbildung für römische Soldaten. 100 v. Chr. entstanden die ersten Bäder, 330 n. Chr. besaß Rom schließlich 860 Bäder und 11 Thermen. Die meisten dieser Einrichtungen dienten der Reinigung wie heute noch die Hamams in der Türkei und im Maghreb. In Rom gehörten zu einem vollständigen Bad ein Ballspiel, das Abkühlen, das Aufwärmen in einem Lauwarm-Raum, eine Ölreinigung durch Massage, ein Warmbad, das anschließende Schwitzbad, Abkühlen in kühleren Becken und die mentale Erholung im Ruheraum.
Badestuben und Wildbäder
Das Mittelalter war geprägt von Badestuben und Wildbädern, die aber im 16. Jahrhundert wegen unhygienischen Verhältnissen, aber auch wegen der steigenden Holzpreise geschlossen wurden. Für 200 Jahre kam die Bäderkultur in Europa so zum Erliegen. Das römische Bad hatte in Byzanz überlebt und erstand mit dem Bau des Rudas-Bads in Budapest 1566 wieder auf. Im 18. Jahrhundert entstanden die ersten Fluss- und Seebäder. In die Nord- und Ostsee ließen sich die Badenden mit Pferdekutschen ziehen. Auch Trinkkuren kamen zu dieser Zeit in Mode. Sechs Liter trinken sollten die Kurgäste in der italienischen Therme Tettuccio, 500 Toiletten standen zum Abführen bereit. Mit dem Raitzenbad, 1873 in Budapest erbaut, und dem Friedrichsbad, das 1877 in Baden-Baden eröffnete, waren die ersten Gesellschaftsbäder entstanden, die bis heute die Maßstäbe für das Thermalbaden setzen. pewe