Mehr Tarifbindung ist nötig

Sozialpartner – Die Unterschiede zwischen Arm und Reich in Europa nehmen zu, sowohl zwischen als auch in den einzelnen Ländern. Einer der zentralen Gründe dafür sei die abnehmende Tarifbindung, so Gerhard Bosch vom Institut für Arbeitsmarkt und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. „Die Sozialpartner können die Angleichung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der EU nur fördern, wenn sie auch über ausreichende Machtressourcen verfügen“, sagte Bosch. Das sei immer seltener der Fall. Die EU und der Internationale Währungsfonds hätten in die Tarifsysteme eingegriffen, den Mindestlohn in Südeuropa abgesenkt und dadurch die Ungleichheit in den Ländern dort aktiv befördert.

Leitkommentar Seite 15


Zeit für Investitionen

Prognose – Trotz gestiegener Risiken durch die Handelskonflikte der USA und die neue populistische Regierung in Italien prognostiziert das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, dass sich der solide Aufschwung der deutschen Konjunktur nur leicht gebremst fortsetzt. Für 2018 und 2019 erwarten die Konjunkturforscher eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um jeweils 2,1 Prozent im Jahresdurchschnitt. Gegenüber der Vorhersage vom März senkt das IMK seine Prognose für dieses Jahr um 0,3 Prozentpunkte und für 2019 um 0,1 Prozent. Stärkste Säule des Aufschwungs bleibe bei spürbaren Reallohnzuwächsen der private Konsum; auch die Investitionen entwickelten sich kräftig.


Vorlage überarbeiten

Urheberrecht – Das Europäische Parlament hat Anfang Juli die umstrittene Reform des EU-Urheberrechts vorerst gestoppt. Die Abgeordneten wollen ihre Vorlage erst einmal überarbeiten, bevor die Mitgliedsstaaten darüber verhandeln. Voraussichtlich im September wollen sich die Parlamentarier/innen wieder damit beschäftigen.


Entwurf wertet Altenpflege ab

Ausbildung – ver.di hat die geplante Abwertung der Altenpflege Ende Juni scharf kritisiert. Anlass war eine Anhörung zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe im Gesundheitsausschuss des Bundestages. „Offensichtlich haben sich die Interessen der kommerziellen Pflegekonzerne durchgesetzt“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Nur so lasse sich erklären, dass nach dem vorliegenden Entwurf das Ausbildungsniveau für den Berufsabschluss als Altenpfleger/in deutlich abgesenkt werden solle. Das gelte sowohl im Vergleich zum Status quo als auch im Vergleich zu den anderen Pflegeausbildungen. Die ver.di-Stellungnahme ist zu finden unter https://tinyurl.com/yalpa89w


Deutliche Differenz in der Bezahlung

Vergütung – Vorstände von Dax-Unternehmen verdienen im Durchschnitt 71-mal so viel wie die durchschnittlichen Beschäftigten in ihrer Firma. Das hat eine Untersuchung des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung ergeben. Damit hat sich der Abstand im Vergleich zu 2014 deutlich vergrößert, sagte die Vergütungsexpertin des I.M.U., Marion Weckes. Betrachte man nur die Vorstandsvorsitzenden, verdienten sie sogar 97-mal so viel wie die durchschnittlichen Beschäftigten ihrer Unterhemen. Wer die Verantwortung für die Geschicke eines großen Unternehmens mit zigtausend Arbeitsplätzen trage, erbringe eine beachtliche Leistung und sollte anständig bezahlt werden, so Weckes. Aber die Frage sei, wie hoch der Gehaltsaufschlag ausfallen dürfe.

www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2018_44.pdf


Verfassungsschutz gibt keine Ruhe

Geheimdienst – Der Rechtsstreit um die jahrzehntelange Überwachung des parteilosen linken Menschenrechtlers, Rechtsanwalts und Publizisten Rolf Gössner, 70, durch Verfassungsschützer geht weiter: Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz hat jetzt gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster Revision eingelegt. Das OVG hatte im März entschieden, dass die von 1970 bis 2008 währende Datensammlung über Gössners Aktivitäten rechtswidrig war (ver.di publik berichtete). Der Verfassungsschutz hatte fast vier Jahrzehnte lang Material über den Geheimdienst- und Polizeikritiker gesammelt, der auch im Vorstand der Internationalen Liga für Menschenrechte saß. Laut 115-seitigem OVG-Urteil vertritt der Bremer aber keine verfassungsfeindlichen Positionen. stg


Benachteiligung nicht zulässig

Entscheidung – Transmenschen dürfen beim Rentenbezug nicht benachteiligt werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jüngst entschieden. In dem Verfahren ging es um eine Frau, die 1948 als Mann in Großbritannien geboren worden war. 1995 hatte sie sich zum Mann umoperieren lassen. Von ihrer Frau ließ sie sich damals allerdings nicht scheiden. Daher wurde die Geschlechtsumwandlung nicht vollständig von den Behörden bescheinigt. Als die Transfrau das in ihrem Land geltende Rentenalter für Frauen von 60 Jahren erreichte, wollte sie in Altersrente gehen. Das lehnten die Behörden mit Verweis auf die fehlende Bescheinigung ab. Nach Ansicht das EuGH zu Unrecht. Sie dürfe nicht anders behandelt werden als andere Menschen ihres neuen Geschlechts. AZ C-451/16


Nitrat schädigt die Umwelt

Gülleverschmutzung – Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verstoßen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Andreas Scheidt forderte daraufhin die Bundesregierung auf, das Urteil zum Anlass zu nehmen, das Düngerecht sofort zu verbessern. Die im vergangenen Sommer erfolgte Novellierung der Verordnung sei nicht ausreichend.„Nitrat gehört nicht ins Grundwasser. Es schädigt die Umwelt und muss in den Wasserwerken aufwändig entfernt werden, damit das Trinkwasser jederzeit sicher ist“, so Scheidt. ver.di hatte mit zahlreichen anderen Organisationen die Petition „Stoppt die Gülleverschmutzung – Schützt unser Trinkwasser“ ins Leben gerufen.

www.guelleverschmutzung-stoppen.de