Norbert Reuter leitet die tarifpolitische Grundsatzabteilung bei ver.di

Gewerkschaften sorgen dafür, dass die laufende Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch bei den Beschäftigten ankommt. Denn die Löhne steigen bekanntlich nicht von alleine oder dadurch, dass Unternehmen freiwillig die Löhne erhöhen und auf höhere Gewinne verzichten. Im Gegenteil: Lohnsteigerungen müssen ihnen immer wieder in mühevollen Verhandlungen abgetrotzt werden. Das geht umso besser, je mehr Mitglieder die Gewerkschaft hat und je machtvoller sie deshalb auftreten kann. Notfalls hilft nämlich oftmals nur ein Streik, um einen akzeptablen Tarifabschluss hinzubekommen.

Von einem guten Tarifabschluss profitieren dann in der Regel allerdings alle Beschäftigten. Denn üblicherweise gewähren Arbeitgeber ausgehandelte Tarifergebnisse aus durchsichtigen Gründen allen Beschäftigten. Ein Verbot der Gleichbehandlung von Nichtmitgliedern durch den Arbeitgeber ist tarifpolitisch kaum durchsetzbar.

Gute Tarifabschlüsse hängen also davon ab, dass die Gewerkschaft viele Mitglieder hat, die sich engagieren und einen Mitgliedsbeitrag leisten. Von guten Verhandlungsergebnissen profitieren dann aber alle, auch die sogenannten Trittbrettfahrer.

Daher gehört es schon lange zur Strategie der Gewerkschaften, für Mitglieder Vorteilsregelungen wie Einmalzahlungen, zusätzliche Urlaubstage, Zuschüsse zur Altersversorgung etc. auszuhandeln. In der Vergangenheit hatten Arbeitgeber dagegen geklagt. Das Bundesarbeitsgericht hat aber klargestellt, dass solche exklusiven Regelungen rechtens sind, solange sie nicht so hoch ausfallen, dass quasi ein Zwang zum Eintritt in eine Gewerkschaft entsteht. Deshalb sind Mitgliedervorteilsregelungen wie jetzt die Forderung nach einer Einmalzahlung bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sehr zu begrüßen. Sie erhöhen die Attraktivität der Gewerkschaften und stärken sie – was letztlich wiederum allen Beschäftigten zugute kommt.