Ausgabe 01/2019
Wie beim Rugby hat jeder seine Rolle
Agil bedeutet laut Brockhaus flink, gewandt. Mit agilem Arbeiten sind aus der Softwareentwicklung stammende Arbeitsmethoden gemeint, die zunehmend auch über die IT-Branche hinaus angewendet werden.
Im Mittelpunkt steht dabei die Arbeit in relativ kleinen Teams, die sich selbst organisieren und kontinuierlich sowie lösungsorientiert an Projekten arbeiten. Arbeitsüberlastung und unnötige Hierarchien sollen dabei – hier setzt „Gute agile Projektarbeit“ an – allerdings vermieden werden.
Seit Jahresanfang gibt es für den IT-Bereich der Deutschen Telekom eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Agilen Arbeit, in die viele praktische Erfahrungen aus bestehenden Teams Eingang gefunden haben. „Es gab von verschiedenen Seiten den Wunsch, nur das zu regeln, was nötig ist“, sagt ein Betriebsratsmitglied, das mitverhandelt hat. Selbstverständlich seien bei der Vereinbarung bestehende gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen etwa zur Arbeitszeit nicht in Frage gestellt worden.
Lösung im Gedränge
Das ist nachvollziehbar, denn bei guter agiler Arbeit soll es nicht um mehr Flexibilität oder Selbstausbeutung gehen, sondern um selbstorganisiertes Arbeiten. Beispielsweise in Teams von fünf bis elf Menschen, wie bei der Telekom-IT. Die hier gewählte Methode heißt Scrum, was wörtlich übersetzt Gedränge heißt und aus dem Rugby kommt, wo jeder Spieler seine Rolle hat. So ist es auch hier: Der eigens qualifizierte „Scrum Master“ ist für die richtige Umsetzung der Methode und den Abbau von Hindernissen verantwortlich. Der „Product Owner“ nimmt die Sicht des Kunden ein und vermittelt dem Team, worauf es beim zu entwickelnden Produkt – also etwa einer speziellen Softwarelösung – ankommt. Das Entwicklungsteam plant selbstständig, wie und in welcher Zeit welche Aufgaben angegangen werden, und erarbeitet das gewünschte Produkt.
„In Bereichen mit strikten Vorgaben wird agiles Arbeiten schwierig. In der Softwareentwicklung geht man anders an die Erarbeitung von Lösungen heran; Aufgaben werden im Team besprochen, in ihrem Aufwand geschätzt und können zeitlich verschoben werden“, sagt Christian Wille vom ver.di-Bereich Innovation und Gute Arbeit. Dazu müssten agil arbeitende Teams allerdings wirklich über genügend Zeit verfügen und den Arbeitsfortschritt so planen können, dass gute Lösungen in einem auch für sie akzeptablen Tempo entstehen.
Bei der Telekom-IT arbeiten seit mehr als anderthalb Jahren Teams in der Softwareentwicklung nach agilen Methoden. Die Idee, die Arbeit per GBV zu regeln, kam schon vor längerem auf, doch die Befragungen der Beschäftigten sowie die Abstimmung mit dem Arbeitgeber dauerten bis 2018. Auch mit der nun geschlossenen GBV sehen die Mitarbeiter*innen bei der Telekom-IT den Prozess noch nicht am Ende, so ein Betriebsratsmitglied. Die praktischen Erfahrungen müssten zeigen, welche Regelungen sich bewähren, und wo möglicherweise noch nachjustiert werden müsse. Außerdem seien Beschäftigtenbefragungen zur Arbeitsbelastung geplant sowie ein spezielles Qualifizierungsprogramm für die Scrum Master.
Agil gearbeitet wird mittlerweile auch bei Versicherungen und Banken. Ansätze dazu gibt es in Teilbereichen des öffentlichen Dienstes. Gudrun Giese
Mehr zum Thema: www.diGAP.verdi.de, www.gute-agile-projektarbeit.de