Ausgabe 02/2019
Funke-Mediengruppe baut ab
Für die rund 6.000 Mitarbeiter der Funke Mediengruppe ist es ein Kahlschlag, der von vielen bereits befürchtet wurde. Seit vor zehn Jahren 300 Redakteure und Redakteurinnen auf einen Schlag ihren Job verloren, sind immer wieder Arbeitsplätze abgebaut worden. Jetzt holt der Konzern mit Hauptsitz in Essen zu einer weiteren Runde aus: Allein in Nordrhein- Westfalen werden wieder mindestens 300 Stellen gestrichen, das betrifft Redakteure, Drucker, Beschäftigte aus dem Anzeigenbereich, Onliner, Volontäre und auch Mediengestalter.
Und es betrifft unter anderem die Traditionsblätter Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) und Neue Ruhr Zeitung (NRZ). Die Ausgabe der Westfalenpost (WP) in Warstein wird zudem komplett geschlossen. Außerdem sollen 21 der 26 Geschäftsstellen in Nordrhein-Westfalen verschwinden. Die Berliner Zentralredaktion bleibt ebenfalls nicht verschont: 22 Beschäftigte, der Großteil aus der Redaktion, erwartet die Kündigung, fünf aktuell offene Stellen werden laut Geschäftsführung nicht wieder besetzt. Der Verlust der 27 Arbeitsplätze macht über ein Viertel aller Stellen dort aus. Bei der Berliner Morgenpost wurde die Kompakt-Ausgabe eingestellt, das Layout ausgelagert. Gehen sollen hier insgesamt 24 Beschäftigte, darunter sechs Redakteure, drei Fotoredakteure, neun Layouter, zwei Vertriebsmitarbeiter sowie vier Mitarbeiter im Anzeigenverkauf beim Media Checkpoint Berlin. Geschlossen wird ebenso die Mantel-Redaktion von TV direkt / Gong Verlag in Ismaning. Vier Kündigungen wurden bereits ausgesprochen.
„Für die Redaktionen kommen diese Stellenstreichungen zur Unzeit“, beschweren sich die Betriebsräte von WAZ, NRZ, WP, Funke Online NRW sowie Funke Sport in einem Schreiben an die Belegschaft, „wir fragen uns: Warum haben wir Betriebsräte sowie zahlreiche Kollegen seit Oktober mit Hochdruck an Konzepten für ‚User First‘ gearbeitet? Warum haben wir pragmatisch eine Betriebsvereinbarung erarbeitet und einer Testphase zugestimmt? Es braucht engagierte und motivierte Kollegen, um das in der Pilotphase steckende Projekt auch in der Fläche über alle Titel ans Laufen zu bekommen.“
„User first“ so kaum noch umsetzbar
Die neue Strategie „User First“ bedeutet die größte Veränderung im redaktionellen Alltag, die der Verlag jemals erlebt hat. Die Arbeitsabläufe sollen sich komplett ändern: Zukünftig sollen Reporter*innen nur noch „draußen“ unterwegs sein und Geschichten in die Redaktion liefern, wo die Blattmacher*innen die Inhalte sofort in digitale Kanäle leiten und später daraus die Zeitungsseiten produzieren. Im Unternehmen wird bezweifelt, ob das mit einer derart ausgedünnten Mannschaft gelingen kann.
Die Betriebsräte jedenfalls haben der Belegschaft bereits angekündigt, in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und sich dafür einzusetzen, eine bestmögliche und sozialverträgliche Lösung zu erzielen.
Was den Essener Konzern angeht, so sehen Branchenbeobachter in den aktuellen Vorgängen eine Fortsetzung des bisherigen Missmanagements vergangener Jahre und verschiedener Geschäftsführungen, das sich hauptsächlich nur auf Stellenabbau konzentriert. Wilfried Urbe