Arbeitszeit in der Nacht begrenzt

Mitte Februar standen die Arbeitszeiten auf der Tagesordnung des Bundesrats. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte eine Entschließung eingebracht, um die „Arbeitszeiten an die Herausforderungen der digitalisierten Arbeitswelt“ – so der Titel – anzupassen. Ziel der schwarz-gelben Landesregierung ist ein Gesetzentwurf, der es den Tarifpartnern, also Gewerkschaften und Arbeitgebern, erlaubt, eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit zu vereinbaren.

Derzeit darf nach dem Arbeitszeitgesetz die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von sechs Monaten 48 Stunden nicht überschreiten, die tägliche Arbeitszeit liegt bei acht Stunden. Bis zu zehn Stunden täglich sind erlaubt, aber auch hier darf der Durchschnitt über sechs Monate hinweg nicht höher als acht Stunden sein. Bei Nachtarbeit sind die Zeiträume, in denen die Mehrstunden ausgeglichen werden müssen, kürzer. Damit hat Deutschland eine entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2003 umgesetzt, sprich dieser Rahmen gilt EU-weit.

Möglich ist es hierzulande auch jetzt schon, diesen Rahmen durch Tarifvereinbarungen zu erweitern.Und das will Nordrhein-Westfalen jetzt mit seiner nochmals Bundesratsinitiative erweitern. Begründet wird dieses Vorhaben mit der „voranschreitenden Digitalisierung“. In der Entschließung heißt es: „Zeitflexibles und ortsunabhängiges Arbeiten erfordert eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine flexible Arbeitszeitgestaltung, um den Bedürfnis- sen der Unternehmen und der Beschäftigten in einer modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.“ Diese „Möglichkeit einer flexiblen Anpassung der Arbeits- zeiten auf die jeweiligen betrieblichen Erfordernisse trägt zum Erhalt und weiteren Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit und damit auch der Arbeitsplätze bei“.

Auch die Arbeitgeber machten sich Ende Januar erneut für eine Arbeitszeitflexibilisierung stark. In einem Sieben-Punkte-Papier fordert die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: „Die Höchstarbeitzeit muss in Zukunft flexibler über die Woche verteilt werden können.“ Das Arbeitsvolumen solle aber nicht erhöht werden.

Eine Provokation

„Wir empfinden den Vorstoß eindeutig als Provokation gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, sagt der Vorsitzende des ver.di-Landesbezirks NRW, André auf der Heiden zur Initiative der Landesregierung. Die Politik stelle sich damit schützend vor die Unternehmen, nicht vor die Beschäftigten. Gabriele Schmidt, Leiterin des ver.di-Landesbezirks NRW, verweist darauf, dass das Arbeitszeitgesetz schon heute flexibel genug sei und viele Gestaltungsräume biete. ver.di werde nicht zulassen, dass die Kernaufgabe des Gesetzes, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, durch eine neue Flexibilisierung ausgehöhlt werde.

Der Bundesrat hat die Entschließung an seine zuständigen Ausschüsse überwiesen. Eine weitere Flexibilisierungs-Initiative war Ende vergangenen Jahres bereits im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg diskutiert worden. Dort hatte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, CDU, vorgeschlagen, die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden zu erhöhen. Dort gibt es aber noch keine Einigung mit dem Koalitionspartner.

Der Leiter des ver.di-Landesbezirks Baden-Württemberg, Martin Gross, kritisierte, das Arbeitszeitgesetz werde „bewusst als unternehmerfeindliches Bürokratiemonster diskreditiert, um es dann noch weiter aushöhlen zu können“. Er geht davon aus, dass der Vorschlag Hoffmeister-Krauts dazu genutzt werde, ausgerechnet für hochbelastete Berufe die tägliche Arbeitszeit zu erhöhen. So sei es mit einer täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden möglich, Pflegeeinrichtungen im Zwei-Schicht-Betrieb zu führen. Deswegen hat der ver.di-Landesbezirk Landespolitiker*innen eingeladen, in einer von ver.di betreuten Branche einen Zwölf-Stunden-Tag zu absolvieren. Dazu zählen Müllentsorgung, Kinderbetreuung, die Werkstatt eines Omnibusbetriebs oder eine Pflegeeinrichtung.

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