"Homeoffice", "mobile Arbeit" oder auch "New Work" haben in der Corona-Krise schneller Einzug gehalten, als wir uns das vorstellen konnten. Auf einmal konnten Meetings per Video oder Telefonkonferenzen stattfinden. Die Arbeitgeber haben gemerkt: "Hoppla, die Leute arbeiten ja trotzdem." Seit wir digital arbeiten, gibt es Wünsche nach mehr Flexibilität der Arbeitsräume – von beiden Seiten. Allerdings aus unterschiedlichen Beweggründen. Die Deutsche Bank ist ziemlich forsch dabei, ihren Vorteil daraus zu ziehen. Ein Gespräch mit Eric Stadler, Betriebsratsvorsitzender der Postbank am Standort München.

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Eric StadlerFoto: VER.DI

ver.di Publik: Euer Arbeitgeber, die Deutsche Bank, hat angekündigt, Effizienzgewinne durch mobile Arbeit als Abbaukonzept von Beschäftigten voranzutreiben. Was würde das für euren Standort bedeuten?

Eric Stadler: Die Deutsche Bank will Mitarbeiter einsparen. Im Bereich der operativen Einheiten sollen von knapp 7.000 Beschäftigten allein durch "Homeoffice" 200 Vollzeitkräfte abgebaut werden. Zudem wollen sie flexible Arbeitszeitmodelle, der Samstag soll zur Regel werden. Begründung ist meistens, dass die Beschäftigten dies selbst wollten. Wenn wir dann als Betriebsrat aber nachfragen, wer genau diese Beschäftigten sind, die das möchten, werden sie sehr schnell recht still. Durch ein – wie das die Deutsche Bank nennt – "Work from Home" will die Geschäftsführung vor Ort weniger Arbeitsplätze vorhalten. Sie rechnet damit, dass maximal 40 Prozent der Leute noch ins Büro kommen.

ver.di Publik: Wie schätzt ihr den Wunsch nach mobiler Arbeit bei den Beschäftigten ein?

Stadler: Bei uns würde ungefähr die Hälfte gerne mobil arbeiten. Wir haben hier auch schon seit 2004 durch einen Standortabbau in Nürnberg eine örtliche Betriebsvereinbarung zu Homeoffice. Wir haben darin die Versicherungsthemen gut geklärt, und die Beschäftigten bekommen auch eine Aufwandsentschädigung. Während Corona konnten jetzt alle von zu Hause aus arbeiten.

ver.di Publik: Es gibt beim Homeoffice vieles, was zu beachten ist. Wie schützt ihr eure Beschäftigten vor den Nachteilen der mobilen Arbeit?

Stadler: Wir sind der Meinung, dass es nicht damit getan sein kann, dass der Arbeitgeber einen Stuhl und eine Dockingstation zur Verfügung stellt. Eine ergonomische Ausstattung der Arbeitsplätze zuhause ist zwingend, finden wir. Auch das Abwälzen von Datenschutz und Arbeitsschutz auf die Beschäftigten darf auf keinen Fall passieren. Aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die weiter in Büros arbeiten, muss man Standards festlegen. Wir machen uns Gedanken, wie Teamarbeit in Zukunft funktionieren kann. Passieren darf natürlich auch nicht, dass der Arbeitgeber Beschäftigte bestraft, weil sie Tätigkeiten machen, die weiter nur vor Ort gemacht werden können. Hier befürchten wir ein "Upskilling", also eine Herabgruppierung durch Änderung der Tätigkeiten, um weitere Personalkosten einzusparen. Das müssen wir tariflich verhindern.

ver.di Publik: Welche Fragen erreichen euch zu dem Thema?

Stadler: Zurzeit möchten die Leute wissen, ob die Regelungen die während Corona gelten, auch weiterhin Gültigkeit haben. Viele die mit "Work from Home" gut zurechtkommen, würden sie gerne behalten. Wir klären darüber auf, dass sich die Beschäftigten hier vor Selbstausbeutung schützen müssen. Nicht jeder Anruf vom Chef, egal zu welcher Uhrzeit, muss angenommen werden. Wir achten darauf, dass keine nicht geregelte Leistungs- und Verhaltenskontrolle stattfindet. Allein durch die angesprochenen Themen merkt man, dass Homeoffice nicht mal eben übers Knie gebrochen werden sollte. Es gibt eine Menge Regelungsbedarf, um die Beschäftigten zu schützen und Vorteile nicht nur an die Arbeitgeber durchzustellen. Jetzt ist die Zeit, ein Resümee zu ziehen und durch die richtigen Schlüsse auch die richtigen Betriebs- und Dienstvereinbarungen, aber auch tarifvertragliche Regelungen durchzusetzen.

Interview: Tina Scholze