Ausgabe 07/2020
Spezial
Corona wird zum Schuldenproblem
Überschuldung – Da immer mehr Menschen durch die Coronakrise ihren Job verlieren oder nur noch in Kurzarbeit arbeiten können, ist ein größerer Teil der Bevölkerung in die Überschuldung gerutscht. Eine Umfrage von Creditreform Wirtschaftsforschung und Boniversum zeigt, dass etwa 37 Prozent aller Haushalte durch Covid-19 finanzschwächer sind als zuvor. Jede*r Fünfte klagt über finanzielle Einbußen von 30 bis 50 Prozent. Acht Prozent der Befragten sagen, dass sie über die Hälfte ihres Einkommens auf Grund der Krise verloren haben. Die Folgen: 28 Prozent befürchten, wegen der Coronakrise bald in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten und sich verschulden zu müssen.
Instrument gegen Überschuldung
Restschuldbefreiungsverfahren – Erleichterung in Sachen Schulden könnte das neue Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens bringen. Der Bundestag hat Anfang September in erster Lesung über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens debattiert und ihn im Anschluss zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. Geplant ist in erster Linie, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre zu verkürzen. Mit dem Instrument der Restschuldbefreiung können Schuldner*innen unter bestimmten Voraussetzungen von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit werden. Das dreijährige Restschuldbefreiungsverfahren soll für alle ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren gelten, um bereits diejenigen Schuldner*innen bei einem wirtschaftlichen Neuanfang zu unterstützen, die durch die COVID-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind.
Kostenlose Prüfung von Inkassokosten
Inkasso-Check – Zahlungsaufforderungen durch Inkasso-Unternehmen können in Panik versetzen. Denn häufig wird mit erheblichen Kosten für Gerichtsverfahren, mit Lohn- und Gehaltspfändung oder sonstiger Zwangsvollstreckung gedroht. Viele Verbraucher*innen fühlen sich dann genötigt, zu zahlen. Ob die Höhe der Inkassokosten überhaupt angemessen ist, wissen sie nicht. Mit dem Inkasso-Check der Verbraucherzentrale lassen sich Inkassoforderungen kostenlos online überprüfen. Dafür müssen einige Fragen zur Inkassoforderung und ursprünglichen Rechnung beantwortet werden. Im Gegenzug liefert der Check eine rechtliche Ersteinschätzung und bei Bedarf einen Musterbrief an das Inkasso-Unternehmen, mit dem der Forderung widersprochen werden kann.
verbraucherzentrale.de/inkasso-check
Downloaden allein nützt nichts
Corona-Warn-App – Seit dem 16. Juni 2020 ist die Corona-Warn-App aktiv, jedoch zweifeln immer mehr Menschen an ihrem Nutzen. Viele Nutzer*innen haben seit dem Download der App nicht eine einzige Warnung erhalten, obwohl es in Deutschland schon weit mehr als 300.000 positiv getestete Menschen gibt. Viele Politiker hingegen feiern die Zahl der bisher 18 Millionen Downloads der App. Außen vor bleibt dabei aber die entscheidende Zahl: Wie viele Menschen haben ihr positives Testergebnis auf der App gemeldet? Insgesamt wurden seit dem Start der Corona-Warn-App lediglich rund 4.500 sogenannte teleTANs ausgegeben, über die positiv getestete Nutzer*innen ihre Covid-19-Erkrankung melden können. Diese teleTANs werden dann überprüft, um das Testergebnis zu verifizieren. Wie viele Nutzer*innen sich dann letztendlich entscheiden, ihr Ergebnis auch tatsächlich über die App mitzuteilen, ist allerdings unbekannt. Entscheidend für die Effektivität der App ist am Ende aber die Zahl der gemeldeten positiven Fälle und eben nicht die der millionenfachen Downloads.
Auslaufmodell Einweg-Plastik
Verordnung – Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff sowie To-go-Getränkebecher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essensbehälter aus Styropor sind ab 3. Juli 2021 in Deutschland nicht mehr erlaubt. Ende September stimmte der Bundestag der Verordnung des Bundeskabinetts zu, Einwegprodukte aus Plastik zu verbieten. Nun berät sie noch der Bundesrat. Erst danach kann sie in Kraft treten. Die Bundesregierung setzt sich zudem dafür ein, Abfälle zu vermeiden und Ressourcen effizienter zu nutzen. Hersteller werden dafür belohnt, wenn sie recyclingfähige Verpackungen verwenden. Mit der ersten Novelle des Verpackungsgesetzes soll nun auch dem Handel verboten werden, leichte Plastiktüten anzubieten. Damit Ressourcen effizienter genutzt werden, soll künftig die Vernichtung funktionstüchtiger Ware untersagt werden. Einweg- oder Mehrwegflaschen müssen besser markiert werden, um Verbraucher*innen die Entscheidung zu erleichtern, überflüssiges Plastik zu vermeiden. Beide Regelungen sind Teil des neuen Gesetzes zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie.
Entlastung für pflegende Angehörige
Ratgeber – Etwa ein Viertel aller Menschen in Pflegehaushalten in Deutschland fühlt sich zeitlich und psychisch sehr stark belastet. Das hat eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) ergeben. Im Schnitt werden demnach pro Tag für die Unterstützung von Pflegebedürftigen mehr als achteinhalb Stunden aufgewendet, jedoch nur knapp eine Dreiviertelstunde davon übernehmen Pflegedienste oder andere Dienstleister. Häufig springen Angehörige und Freunde ein. Sie kümmern sich, organisieren und regeln finanzielle Aspekte. Der Ratgeber der Verbraucherzentrale "Pflege zu Hause" richtet sich an diese Menschen, die vor einer Fülle von Herausforderungen stehen. Er hilft dabei, grundlegende Fragen zu klären und sich einen Überblick über die verschiedenen Ansprüche und Leistungen zu verschaffen. Zudem kommen Experten und Angehörige zu Wort, die aus der Praxis von ihren eigenen Erfahrungen berichten und wertvolle Tipps geben.
Verbraucherschutzzentrale NRW (Hg.), "Pflege zu Hause. Was Angehörige wissen müssen", 224 S., 16,58€, E-Book 11,99€ (Preise gültig bis 31.12. 2020), ISBN-13 978-3863361112