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Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Normalerweise wird das Tarifergebnis des öffentlichen Dienstes (TVöD) automatisch in die Tarifverträge des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen übernommen. Wegen der Kündigung der Tarifverträge war das diesmal nicht der Fall. Doch die Zeit drängte, denn um die Corona-Prämie steuer- und abgabenfrei zu bekommen, muss sie noch in diesem Jahr gewährt und ausgezahlt werden.

Ein weiteres wichtiges Thema der Tarifrunde war und bleibt die Entlastung: Sinkende Beschäftigtenzahlen und stetig wachsendes Fahrgastaufkommen haben zu Überstunden und hohem Druck geführt. Bis 2030 muss die Hälfte der Stellen neu besetzt werden, weil viele Beschäftigte in Rente gehen. Und soll die Energiewende gelingen und der Nahverkehr ausgebaut werden, dann wird noch mehr Personal benötigt. Um die Arbeit im ÖPNV attraktiver zu machen, wollte ver.di mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über einen bundesweiten Tarifvertrag verhandeln. Doch die weigerte sich, das jetzt anzugehen. Inzwischen hat sie aber Gespräche über einen möglichen Prozess in der Zukunft zugesagt. Um jetzt die Corona-Prämie zu sichern und Verbesserungen und Entlastung für die Beschäftigten zu erreichen, wurden die Tarifverhandlungen im öffentlichen Nahverkehr deshalb um die bundesweiten Forderungen ergänzt.

Mehr Entlastung

Neun Tarifabschlüsse mit einer Laufzeit bis längstens 31. Dezember 2023 konnten im öffentlichen Nahverkehr bis Ende November geschafft werden: in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein. Bei fünf weiteren Abschlüssen pausieren die Verhandlungen zur Entlastung bis längstens Mitte nächsten Jahres: in Bayern, Berlin, Bremen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt. Bis zum Redaktionsschluss verhandelt wurde noch in Mecklenburg-Vorpommern, bei der Hamburger Hochbahn und den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein.

In den bislang erreichten Abschlüssen konnten unter anderem mehr Urlaubs- und Entlastungstage durchgesetzt werden. Beispielsweise in Sachsen, wo nicht nur die Entgelte deutlich steigen, sondern auch die Zahl der Urlaubstage und die Jahressonderprämie. Zudem wird die Ausbildungszeit bei der Übernahme angerechnet. In Niedersachsen wurden ebenfalls einige der bundesweiten Forderungen durchgesetzt, wie mehr Urlaub, bessere Ruhezeiten, kürzere Dienste und die Anerkennung der Ausbildungszeit als Betriebszugehörigkeit.

In Baden-Württemberg gibt es Entlastungstage, eine höhere Sonderzahlung, und die Ausbildungszeit wird zumindest teilweise angerechnet. In Nordrhein-Westfalen ist es gelungen, die Entgeltgruppe 5a abzuschaffen – sie hatte neu eingestellte Fahrer*innen schlechtergestellt. In Thüringen sind Entgelt- und Manteltarifvertrag bis 30. Juni 2022 in Kraft, es gibt mehr Lohn, eine Corona-Prämie und 30 Tage Urlaub ab 2021. In Hessen sieht der Abschluss eine Corona-Prämie vor, es gibt Entlastungstage, und der Tarifvertrag wird 2023 wieder an den TVöD gekoppelt.

In Bayern, Bremen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt wurden Zwischenergebnisse erreicht: Die Corona-Prämie wird gezahlt, Mantel- und Entgelttarifvertrag werden bis zum 30. April 2021 wieder in Kraft gesetzt. Im nächsten Jahr wird dann über Entlastung und weitere Lohnerhöhungen verhandelt. Auch in Berlin gibt es eine Corona-Prämie, und der Manteltarifvertrag Nahverkehr wird nach dem 31. Mai 2021 weiterverhandelt. Die Brandenburger ÖPNV-Unternehmen erreichen das Niveau der Berliner BVG-Entgelttabellen bis März 2023. Hinzu kommt auch für sie eine Corona-Prämie und ab nächstem Jahr mehr Weihnachtsgeld.

Heike Langenberg & Marion Lühring

tvn2020.de